Von Wällen umzingelt

Regierung mauert Protestbewegung in Kairo ein

Ausland
09.01.2013 11:54
Wer in Kairo Betonblöcke herstellt, dessen Geschäft floriert seit Monaten: Die Regierung stellt immer mehr Wälle in der Stadt auf, um die Protestbewegung im wahrsten Sinn des Wortes einzumauern. Darunter leidet auch das Alltagsleben der Bevölkerung.

Die ausufernde Verbarrikadierung der Stadt sei zum Symbol der politischen Krise Ägyptens geworden, berichtet das "Time"-Magazin online. Die Obrigkeit versuche nicht länger, wie unter Ex-Präsident Hosni Mubarak die Massenproteste in Kairo zu verhindern - stattdessen schotte sich die Regierung einfach davon ab. "Die Menschen nennen Bedingungen, und die Obrigkeit reagiert nur, indem sie Mauern baut", beklagt Architekt und Stadtplaner Omar Nagati.

Lange Geschichte der Mauern
Auch Mohamed Elshahed, der an der New York University die Stadtplanung Kairos studiert, sieht die Mauern als "totales Ausweichen vor dem Umgang mit Problemen". Neu sei die Abschottung aber nicht: Schon die Franzosen schütteten in den 1950ern in Algier Wälle auf, um die antikoloniale Bewegung einzuschränken, Israel schottet sich von den Palästinensern ebenso ab wie die USA das Regierungsviertel in Bagdad. In Ägypten seien dauerhafte Straßenblockaden seit den 1970ern gebräuchlich, so Elshahed, also in etwa zur Zeit des wohl berühmtesten Grenzswalls der Welt, der Berliner Mauer.

Protestbewegung von Mauern umzingelt
Seit 2011 werden die Kairoer Mauern von Regierung und Militär erneut verstärkt eingesetzt, zum Teil aber auch von den Behörden oder Demonstranten wieder abgerissen. Seit sich der neue Präsident Mohammed Mursi im November 2012 haufenweise Sondervollmachten einräumte, wurde der Mauerbau noch einmal vorangetrieben: Um die Protestbewegung auf dem Tahrir-Platz von Regierungsgebäuden fernzuhalten, wurde ein massiver Betonwall auf der Straße Qasr al-Aini aufgestellt, der Hauptstraße, die vom Stadtzentrum in den Süden führt. So kam es denn auch, dass sich die Demonstranten stattdessen dem Präsidentenpalast zuwanden, der seither ebenfalls durch eine dicke Mauer geschützt ist.

Straßen ständig verstopft, leere Geschäfte
Unter all dieser Einmauerung leidet vor allem die ganz normale Bevölkerung: Im ohnehin staugeplagten Straßenverkehr ist ob der Einschränkungen teils kaum noch ein Durchkommen möglich, Autofahrer wie Fußgänger müssen kilometerlange Umwege in Kauf nehmen. Und wer das Pech hat, innerhalb der Mauern sein Geschäft zu betreiben, klagt über mangelnde Kundschaft, wie "Time" berichtet. Sein Geschäft sei auf dem Nullpunkt angelangt, erzählt etwa Ramadan Romih, der ein Internet-Café im von Wällen umzingelten Bezirk in der Nähe der US-Botschaft besitzt.

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