Beim „Auswintern“ der legendären Bergstraße dabei. Was romantisch klingt, ist in Wahrheit Schwerstarbeit zwischen Fels und Schnee.
Wenn der Winter langsam seinen eisigen Griff über die Alpen lockert, beginnt der Frühjahrs-Einsatz auf der Großglockner Hochalpenstraße – einer der berühmtesten und spektakulärsten Alpenstraßen der Welt. Doch was zunächst nach einem sanften Übergang aus dem Winter klingt, ist in Wahrheit ein harter Kampf gegen Naturgewalten.
Die Großglockner Hochalpenstraße ist nicht nur eine Bergstraße, sie ist ein Meisterwerk der Ingenieurskunst und ein Symbol der Entschlossenheit. Im Jahr 1935 eröffnet, schlängelt sich die Panoramastraße auf 48 Kilometern durch die beeindruckende Bergwelt der Hohen Tauern. Sie verbindet Kärnten mit dem Salzburger Land und zieht jedes Jahr Tausende in das Reich des Großglockners, dem mit 3798 Metern höchsten Berg Österreichs.
Hier, im Hochgebirge, arbeiten die Mitarbeiter der Großglockner Hochalpenstraßen AG (Grohag) unermüdlich, um die Straße nach dem Winter wieder befahrbar zu machen. Ein Job, der nicht nur körperliche, sondern auch logistische Höchstleistungen verlangt.
Doch nicht nur der imposante Blick auf den Glockner ist legendär. Die Straße selbst ist ein Ort, an dem Natur und Technik aufeinanderprallen – besonders im Frühling, wenn der Winter sich zurückzieht und die Straße wieder „ausgeweckt“ werden muss.
Die acht Kilometer lange Scheitelstrecke zwischen dem Hochtor (2504 Meter) und dem Fuscher Törl (2428 Meter) ist dabei besonders spektakulär. Hier bewegt man sich durchgehend auf über 2300 Meter Seehöhe und wird von meterhohen Schneewänden umgeben. „Einzigartig!“, sagt Johannes Hörl, Vorstand und Generaldirektor der Grohag, im Gespräch mit der „Bergkrone“.
Die Herausforderungen des „Auswinterns“
Der Begriff „Auswintern“ mag dabei für viele romantisch klingen, doch in Wirklichkeit ist es eine logistische und körperliche Meisterleistung. Es ist ein Kampf gegen Schneestürme, eisige Kälte, Lawinen und Felsstürze. Sobald der Winter erstn Anzeichen der Schwäche zeigt, machen sich die 70 Jahre alten Rotationspflüge System Wallack mit den Namen „Eisbändiger“, „Jörgen“, „Oskar“ und „Anda“ auf den Weg, um die Straße von meterhohen Schneemassen zu befreien. Diese Maschinen, einst das technische Highlight ihrer Zeit, und wurden von Franz Wallack, dem Erbauer der Glocknerstraße, erfunden.
Schon während sich die Fräsen durch die Schneemassen bahnen, beginnt für die Mitarbeiter der Grohag die zweite große Aufgabe: die Kontrolle von rund 30 Hochbauten, 100 Brücken und Tunnel. Diese Infrastruktur muss regelmäßig überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie den extremen Wetterbedingungen standhält. Besonders wichtig sind dabei die Schutzbauten, die vor Lawinen und Steinschlag schützen. „Sicherheit geht vor“, betont Johannes Hörl.
Ein tagtäglicher Einsatz gegen die Naturgewalten
Bergführer Stefan Rieger beurteilt dabei täglich die Lawinengefahr. Lawinensprengungen sind Routine. Die Glocknerstraße ist nämlich die einzige Straße Österreichs, bei der selbst im Sommer eine Schneepflugbereitschaft aufrechterhalten wird.
Ein weiterer unerlässlicher Teil der Arbeit ist das Aufrichten von Granit-Wallack-Randsteinen, die im Winter von Lawinen umgedrückt wurden. Rund 15.000 dieser Steine gibt es entlang der Gletscherstraße, die ebenfalls nach dem Erbauer der Straße benannt wurden.
Besondere Aufmerksamkeit erfordert auch die mehr als 200 Meter hohe Schmidlwand. Hier seilen sich Bergführer mit Helm und Steigeisen ab, um loses Gestein zu entfernen – eine dringend notwendige Präventivmaßnahme gegen Steinschläge, die gefährlich werden können, sobald der Frühling die Bedingungen verändert. „Wir sichern hier nicht nur die Straße, sondern auch die Menschen, die sie befahren“, sagt Bergführer Hias Lackner.
benötigten früher sechs bis acht Wochen, um die Glocknerstraße von den Schneemassen zu befreien. Heute schaffen dies zwei Trupps mit je fünf Mann in zehn bis 14 Tagen.
An der Franz-Josefs-Höhe stellen Hubert Fellner und Gerwald Granitzer die Geländer wieder auf, die vor jedem Winter abgebaut werden und im Sommer Besucher vor Abstürzen schützen sollen. Eisige Böen und plötzlich aufziehende Nebelbänke erschweren ihre Arbeit – kaum zu glauben, dass im Tal schon der Frühling Einzug gehalten hat.
Das Miteinander der Bergwel
Trotz all dieser Herausforderungen ist die Arbeit auf der Glocknerstraße für viele eine wahre Berufung. Viele Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten dabei und kennen die Straße wie ihre Westentasche. „Die Grohag ist für uns ein verlässlicher Arbeitgeber“, erzählt Stefan Granitzer, der als Nebenerwerbslandwirt auch die Wiesen in der Umgebung bewirtschaftet. „Hier wird das Leben in den Bergen noch verstanden, und wir können unsere Arbeit mit der Landwirtschaft vereinbaren. So funktioniert das Zusammenleben hier oben.“
Dieses Miteinander von Tradition, Natur und Arbeit hat die Glocknerstraße zu dem gemacht, was sie heute ist: ein Wahrzeichen Österreichs und das größte Denkmal der Republik.
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