Unbekannte EU-Projekte

In Wien steckt viel mehr Brüssel als gedacht

Wien
07.06.2024 19:00

Dem Gefühl vom „fernen Brüssel“ zum Trotz: Der Europäischen Union kann man in Wien auf Schritt und Tritt begegnen, wenn man weiß, wo man hinschauen muss. Eine Bilanz mit Licht und Schatten.

Was haben die Donauinsel-Schafe, der renaturierte Liesingbach, die E-Busse der Wiener Linien und das endlich vor der Renovierung stehende Volkskundemuseum miteinander zu tun? Antwort: Sie alle sind „made by EU“, denn diese Projekte wären ohne EU-Geld so nicht möglich gewesen.

Praterstern unter dem Sternenbanner
Um die 20 Mal pro Jahr hinterlässt der EU-Regionalfonds in Wien bleibende Spuren, etwa bei der Umgestaltung der Thaliastraße, des Urban-Loritz-Platzes und des Pratersterns. Es geht nicht bloß um symbolische Beiträge: Am Praterstern hat sich Brüssel mit über vier Millionen Euro und damit rund zwei Drittel der Gesamtkosten beteiligt, an der Thaliastraße mit über 1,5 Millionen Euro.

Die Renovierung des Volkskundemuseums ist Brüssel 25 Millionen Euro wert. (Bild: Silberpfeil-Architekten)
Die Renovierung des Volkskundemuseums ist Brüssel 25 Millionen Euro wert.

„Wiener Innovationen“, die der EU eingefallen sind
Noch mehr profitiert Wien bei Geld- und Dienstleistungen: Zum Ausstieg aus Gas- und Ölheizungen zahlt die EU kräftig dazu, das Programm Erasmus+ ermöglichte in Wien letztes Jahr über 9600 Schülerreisen, sogar die Wiener Vorzeige-Institution „Hauskunft“, die den klimagerechten Umbau der Stadt vorantreibt, ist eine Brüsseler Erfindung. Dazu kommen Dinge, von denen alle Europäer profitieren, etwa bequemes Reisen ohne die früheren Roaming-Wucherpreise.

Auch jeder Wiener zahlt 152 Euro pro Jahr ein
Wo viel Licht ist, gibt es aber auch Schatten: Auch wenn Österreich mit nur 0,31 Prozent des Bruttoinlandsprodukts weit weniger in die EU einzahlt als andere, es bleiben immer noch 152 Euro pro Kopf und Jahr übrig. Und gerade Wiens Lage in der Mitte der EU-27 hat nicht nur als wirtschaftlicher Turbo fungiert, sondern der Stadt auch Belastungen gebracht. 21 Prozent der Studierenden an Wiens Unis kommen aus dem EU-Ausland.

14,5 Prozent der Wiener Bevölkerung

sind Bürger aus einem anderen EU-Staat. Wenn sie hier heiraten, dann zu 63 Prozent österreichische Staatsangehörige.  

Fast 40.000 Menschen pendeln aus EU-Ländern nach Wien zum Arbeiten ein, und manche bleiben auch, wenn der Job weg ist: 904 EU-Bürger beziehen in Wien volle Mindestsicherung, obwohl sie arbeitsfähig wären. Sie sind allerdings eine verschwindende Minderheit: Insgesamt sind zwar 6,9 Prozent aller Mindestsicherungsbezieher in Wien EU-Bürger, jedoch – abgesehen von Kindern – vor allem durch Aufzahlungen zu schlecht bezahlten Jobs.

Wien als graue Eminenz bei wichtigen Entscheidungen
Hin und wieder kann außerdem sogar Wien der ganzen Union den Takt vorgeben. Wiens Proteste gegen die Privatisierung der Abfallentsorgung wurden ebenso gehört wie jene gegen die Wasser-Privatisierung. Noch schwerer wog dabei allerdings das Wort der Bürger: 1,9 Millionen Europäer aus 14 Staaten sorgten mit einer gemeinsamen Bürgerinitiative für die Schubladisierung der Idee. Nicht zuletzt lieferten sie so den Beweis: Das „ferne“ Brüssel hört zu, wenn Europäer ihre Stimme erheben – oder abgeben.

Bürgermeister Ludwig (re.) mit Stadtvize Wiederkehr (li.) und EU-Kommissionsvertreter Bogensberger. (Bild: Stadt Wien/Martin VOTAVA)
Bürgermeister Ludwig (re.) mit Stadtvize Wiederkehr (li.) und EU-Kommissionsvertreter Bogensberger.

Stufenweise Annäherung an Europa
Es ist angesichts der geringen Sichtbarkeit der EU in Wien kein Zufall, dass nun ausgerechnet die Stufen zur Hauptbücherei zur begehbaren EU-Flagge umgestaltet wurden: Auch die Umgestaltung des Urban-Loritz-Platzes, den man von dort überblickt, wurde zu einem Gutteil aus EU-Mitteln finanziert. EU-Kommissionsvertreter Wolfgang Bogensberger wünscht sich, dass die Treppen ein wenig deutlicher machen, dass die Union „uns viel öfter begegnet, als uns bewusst ist“. Dass die einzelnen Stufen nur zusammen das Europa-Bild ergeben, sei ein „starkes Bild“ für die europäische Gemeinsamkeit.

Bürgermeister Michael Ludwig strich hervor, wie Wien erst durch die EU zum „Begegnungsort und Knotenpunkt im Herzen Europas“ geworden sei, wovon die Stadt nicht nur wirtschaftlich profitiere. Aus Ludwigs Sicht ist ein geeintes Europa aber vor allem ein Garant für Frieden auf dem Kontinent, was durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine umso offensichtlicher geworden sei. Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr wandte sich als Jugendstadtrat vor allem an die 64.000 Wiener Erstwähler: „Geht wählen für ein buntes, friedliches und pluralistisches Europa, für Eure Mitbestimmung!“

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