Brisante Mails

Gusenbauer intervenierte für Benko bei FMA-Chef

Wirtschaft
07.05.2024 12:00

Causa Bankenprüfung: René Benko übermittelte die Lebensläufe zweier führender Bankenprüfer auch an Alfred Gusenbauer. Der Altkanzler und ehemalige SPÖ-Chef schrieb im September 2023 einen Brief an den SPÖ-nahen Vorstand der Finanzmarktaufsicht.

Nach dem Tag der Arbeit herrschte in der Österreichischen Nationalbank hektische Betriebsamkeit. Recherchen von „Krone“ und „News“ hatten ans Licht gebracht, dass Signa-Gründer René Benko im Juli 2023 seinen Vertrauten Sebastian Kurz offenbar für mögliche Interventionen zum Thema Banken-Prüfung einspannen wollte.

Zur damaligen Zeit standen die Haus- und Hofbanken des bewusst undurchsichtig konzipierten Signa-Konzerns in Deutschland und in Österreich im Fokus von Prüfern der Europäischen Zentralbank sowie der Nationalbank. Benko hatte Sebastian Kurz an einem Sonntag im Juli die Lebensläufe zweier führender Bankenprüfer, die offenbar von einem Beratungsunternehmen ausgeforscht worden waren, übermittelt. Österreichs Altkanzler, der auf das Benko-Mail mit den Werdegängen mit einem knappen „Danke“ geantwortet hatte, will laut einem Sprecher jedoch „keine Aktivitäten“ zu diesem hochsensiblen Thema entwickelt haben. Die Österreichische Nationalbank hat eine genaue Prüfung der Vorgänge angekündigt.

„Bitte um Rückruf“
Sehr wohl Aktivitäten gesetzt hat aber ein anderer Millionenberater der Signa-Gruppe: Alfred Gusenbauer, Altkanzler und langjähriger Aufsichtsratschef der insolventen Signa Prime und Signa Development. Auch der ehemalige SPÖ-Vorsitzende, der ab 2009 bei Immobilien-Spekulant Benko im Sold stand, sollte – wie Sebastian Kurz – an besagtem Sonntag, 23. Juli 2023, 13.32 Uhr, die Lebensläufe der beiden gestrengen Bankenprüfer bekommen. Von Benko persönlich. In der Mail an Gusenbauer, die der „Krone“ und News“ vorliegt, formuliert der mittlerweile krachend untergegangene Bankrotteur Benko:

„Bitte um Rückruf.“ 

Nur zwei Tage später, am 25. Juli 2023, schreibt Benko eine Mail an sich selbst, die offenbar der Erinnerung dienen soll: „EZB über Ettl angehen.“

Benko an Benko: Mail vom 25. Juli 2023 (Bild: zVg)
Benko an Benko: Mail vom 25. Juli 2023

Helmut Ettl ist einer der beiden Vorstände der Finanzmarktaufsicht (FMA). Ettl gilt als SPÖ-Mann, er war früh bei der Sozialistischen Jugend aktiv. Vor allem aber ist Helmut Ettl als Vorstand der FMA in mächtigen Gremien präsent: Mitglied im Rat der Aufseher (Board of Supervisors) der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA). Mitglied im Europäischen Ausschuss für Systemrisiken. Und: Seit 2014 Mitglied im Aufsichtsgremium (Supervisory Board) der Bankenaufsicht (SSM) der Europäischen Zentralbank (EZB).

Der Brief an den „lieben Heli“
Dass Benko das Thema EZB mit Gusenbauers Hilfe an FMA-Vorstand Helmut Ettl herantragen ließ, um zu den Bewertungen der Signa-Liegenschaften bei den EZB-Prüfungen zu intervenieren, offenbart sich in einem der „Krone“ vorliegenden Brief.

Am 18. September 2023 wendet sich Genosse Gusenbauer an den „Lieben Heli!“. Unter dem Betreff „Signa-EZB“ kommt er sogleich auf den Punkt:

FMA-Vorstand Helmut Ettl (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
FMA-Vorstand Helmut Ettl

„Wie zuletzt bei unserem Treffen im August angesprochen, führte ein Onside-Expection-Team der EZB bei österreichischen und deutschen Banken Überprüfungen der Immobilien-Kredite durch, die für Signa-Projekte gewährt wurden. Für Signa ist dieses Faktum der Prüfung eines Einzelkunden insofern irritierend, weil dadurch die Banken mit einem Wertberichtigungs-Bedarf konfrontiert werden, der nicht den aktuellen Markt-Gegebenheiten entspricht.“ Meint zumindest der damalige Signa-Berater Alfred Gusenbauer, der unter anderem damit argumentiert, dass Signa „2023 in Deutschland und Österreich Immobilien im Wert von mehreren Hundert Mio. € erfolgreich transaktioniert“ habe. Und: Die erzielten Kaufpreise würden „ein deutlich anderes Bild“ zeigen, „als es die Ergebnisse der Onside-Expections der EZB ergeben“.

„Betreff Signa-EZB“: Gusenbauers Schreiben an den Chef der Finanzmarktaufsicht (Bild: zVg)
„Betreff Signa-EZB“: Gusenbauers Schreiben an den Chef der Finanzmarktaufsicht

„Außergewöhnliche Immobilien-Lagen ...“
In weiterer Folge listet Gusenbauer „exemplarisch drei Verkäufe der letzten Monate“ auf und weist Ettl darauf hin, dass „die Onside-Expections der EZB nicht die aktuelle Marktlage abbilden. Die zentralen, innerstädtischen Lagen eines Großteils des Signa-Portfolios zeigen, dass selbst in einem schwierigen Markt-Umfeld, wie es zweifelsfrei dzt vorherrscht, solche außergewöhnlichen Immobilien-Lagen in deutschen und österreichischen Städten gefragt sind und die Immobilien-Werte eine hohe Stabilität aufweisen.“ Abschließend notiert Gusenbauer: „Uns ist daher das Ziel der Vorgangsweise der EZB nicht erklärlich und wir bitten Dich um Unterstützung bei der Aufklärung der Sachlage und stehen jederzeit für Gespräche – auch mit Vertretern der EZB – zur Verfügung.“

Gezeichnet: „Dein Alfred Gusenbauer.“

Benkos langjähriger Berater: Altkanzler Alfred Gusenbauer (Bild: APA/Roland Schlager/Hans Klaus Techt, stock.adobe.com)
Benkos langjähriger Berater: Altkanzler Alfred Gusenbauer

Das dicke Ende ist bekannt. Ende November - nur wenige Wochen nach der Gusenbauer-Intervention – kracht die Signa Holding in sich zusammen, Ende Dezember schlittern auch die Signa Prime sowie die Signa Development in die Pleite. In den von Signa erstellten Insolvenzunterlagen mussten die Werte der „außergewöhnlichen Immobilien-Lagen“ massiv abgewertet werden. Die von Gusenbauer noch kurz zuvor Ettl gegenüber gepriesenen Signa-Portfolios wurden wenige Wochen später tatsächlich insgesamt um Milliardenbeträge abgewertet.

Jedenfalls scheint es so, als wäre nicht nur bei der Österreichischen Nationalbank eine Prüfung der Vorgänge während der Signa-Prüfung vonnöten. Womöglich haben auch die Finanzmarktaufsicht und die Europäische Zentralbank ein Thema.

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