Sie spricht sechs Sprachen, aber kein Steirisch, hält mit Kung-Fu Kalorien in Schach und war in China im Bootcamp: Julia Zotter wird im März 2026 Schokochefin in Riegersburg. Der berühmte Papa geht in Pension. Die „Krone“ weiß, wer die Neue an der Spitze des Millionenkonzerns ist – und was sie verändern will.
Der „Friedhof“ mit den ausrangierten 1500 Sorten im oststeirischen Zotter’schen Schokoparadies ist um eine Attraktion reicher: die Klagemauer. Mit der Botschaft: „Wer dem Zotter fünf Euro spendet, kommt garantiert in den Himmel.“ Bislang hat zwar noch keiner ein Scheinchen reingesteckt – aber um den Vorzeigebetrieb muss man sich trotzdem keine Sorgen machen. 40 Millionen Umsatz macht das Unternehmen im Jahr, 70 Millionen wurden bereits in den Standort gesteckt, im Vorjahr gab es mit 290.000 Besuchern einen Rekord. Und wer verstärkt auf den wichtigsten heimischen und den deutschen Markt setzt, den machen auch amerikanische Strafzölle nicht nervös.
Was der Sepp Zotter angreift, wird zu Gold in Schokoform. Wenn er Fischiges reingibt, flutscht das genauso über die Budel wie Karamell in allen Farben und Formen. Und wenn’s der eine (Österreicher) nicht isst, dann schmeckt’s dem anderen – wie bei den Grammeln. Ein Ladenhüter bei uns, Verkaufsschlager bei den deutschen Nachbarn; die nicht wussten, was Grammeln sind und diese „Nüsse“ so g’schmackig fanden!
Das Haus ist Disneyland auf Oststeirisch, aber in Bio, authentisch und fair, mit der Riegersburg als Kulisse. Ein Roboter fährt herum, redet und bietet Köstliches an, weitere füllen in den Produktionshallen Schokotafeln, überall sind Kunstwerke, wie die Leiter, die in den Himmel führt, oder der (künstliche) Klomann, „weil wir keine Diskriminierung dulden“. „Running Schoki“ laufen am Gast vorbei, draußen sind es Kühe und Mini-Kängurus, Sorten wie „Leck Fett’n“ oder Hirn mit Ei verblüffen.
Alles entstanden aus einem simplen Stall vor bald 40 Jahren. Der Misthaufen von einst ist heut noch, gepresst hinter Glas, in den Schauräumen verewigt. Angefangen wurde mit sechs Schokosorten – derzeit sind 700 im Sortiment. Dem Sepp Zotter gehen weder die (sein Markenzeichen: verschiedenenfarbigen) Schuhe aus noch die Ideen.
Nein, er lebt noch – und wie
Besucher wundern sich oft, wenn sie ihn am Gelände antreffen, „,wir haben gedacht, Sie sind längst tot’, das hör ich oft“, grinst er wieder. Ist er nicht. Aber nächstes Jahr wird er 65. Und übergibt am 1. März an Tochter Julia.
Sein ältestes Kind – Sohn Michael ist in der Zotter-IT, Nesthäkchen Valerie erst 20 – musste ins Geschäft nicht erst reinwachsen, „das sind wir von klein auf“ sagt die Nachwuchschefin. Julia wollte erst Astronautin werden, greift jetzt aber doch lieber am Boden nach den Sternen. „Bio und fair haben mich überzeugt. Und dieses unglaubliche Feld, in dem man etwas verändern kann. Beim Klimaschutz genauso wie für die Menschen in den Produktionsländern.“
Die 37-Jährige wird nicht in Papas Fußstapfen folgen, sondern ihre eigenen schaffen. Ihr Lebenslauf ist beeindruckend. Die Konditormeisterin – die hochdeutsch spricht, weil die Oma Wert auf Sprache gelegt hat – hat in den besten Schulen in Frankreich studiert, drei Monate mit Kakaobauern in Brasilien gearbeitet und gelebt, war im Schüleraustausch in China – und musste in dessen Rahmen beim Heer ins Bootcamp. „Seitdem kann ich Paradeschritt.“ In Shanghai hat sie den eigenen Zotter-Shop hochgezogen, mit dem Papa fliegen ständig neue Ideen im Pingpong hin und her. Auf zwei Tafeln Schoko kommt sie am Tag, die Kalorien hält sie sich mit Kung-Fu vom Leib; gerade hat sie sich dabei den Zeh gebrochen. Mit dem Papa hält sie trotzdem Schritt.
Ob er, dieser Visionär und Umsetzer, tatsächlich die Kelle weitergibt? „Wir haben ihm ein One-way-Ticket in die Südsee gebucht“, grinst Julia. „Ich bau mir draußen ein Büro in einem schwebenden Container“, lacht der Vater. Ein reger Geist geht nie in Rente.
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