Als längst klar war, dass Benko in massive Probleme schlittert, gab Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer im Dezember 2022 an seine „Signa-Familie“ noch Durchhalteparolen aus. Heute stehen in Wien und deutschen Städten Baugerippe als Mahnmale. Krone+ zeigt das skurrile Video des Größenwahns auf einer Party, auf der es wie im Film „Wolf of Wall Street“ zuging.
Im Dezember 2022 befand sich das Signa-Kartenhaus des René Benko bereits in bedrohlicher Schieflage: Die Geldmittel wurden knapp, Dividendenzahlungen mussten gestundet werden. Ein Jahr später sollten die Signa-Kerngesellschaften die größten Insolvenzen der österreichischen Wirtschaftsgeschichte hinlegen. Die Signa war mit mehreren Milliarden überschuldet.
Und was tut der Finanzjongleur weniger als zwölf Monate vor dem Crash? Er mietet sich kurz vor Weihnachten im Nobelhotel Interalpen im Tiroler Telfs ein und schmeißt für sich und seine Führungskräfte eine rauschende Party.
„Wie bei Wolf of Wall Street“
Ein Höhepunkt des Festes war der Auftritt der Disco-Formation Boney M. („Daddy Cool“, „Rivers of Babylon“, „Ma Baker“), die im Wellness-Bereich selbst Signa-Holding-Geschäftsführer Marcus „Unterschriften-August“ Mühlberger zum Tanzen animierte. Man servierte Thunfisch, der – wie Partygäste berichten – eigens aus Japan eingeflogen worden sein soll.
„Die Party war obszön“, sagt ein Signa-Insider. „Ich dachte mir, wir sind hier bei Wolf of Wall Street: Das Ding ist längst am Rauchen, und einer wirft immer noch die Kohlen ins Feuer.“ In dem Hollywood-Film „Wolf of Wall Street“ genießt der Aktienhändler Jordan Belfort sein ausschweifendes Luxusleben in vollen Zügen und wähnt sich unbesiegbar. Bis sich das FBI an seine Fersen heftet.
Ein gehöriges Maß an Skurrilität bot eine etwa halbstündige Podiumsdiskussion, bei der neben René Benko auch der langjährige Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer um seine Einschätzungen zur zukünftigen Wirtschaftsentwicklung gebeten wurde. Benkos Millionenberater versuchte die Belegschaft zu beruhigen und fiel mit teils eigenwilligen Einschätzungen auf.
„Also uns wird nicht fad“
„Für uns als Signa ist wichtig: Wir haben eine gefüllte Pipeline. Also uns wird nicht fad: Selbst wenn wir im nächsten Jahr – was ich nicht glaube – kein neues Projekt aufreißen, haben wir trotzdem genügend für die nächsten Jahre zu tun. Das zu bauen, das fertigzustellen, das zu entwickeln, was wir bereits haben.„ Es sei gut, so Gusenbauer, dass man die „Auftragsbücher“ so gefüllt habe, „wie sie heute sind, so dass wir uns im Wesentlichen aussuchen können, zu welchem Zeitpunkt realisieren wir welches Projekt. Und zu welchen Kosten.“ Wie man mittlerweile weiß, folgte in der Folge ein Projektstopp nach dem anderen, weil der Signa das Geld ausging.
Entscheidend sei laut Gusenbauer bei der Podiumsdiskussion Ende 2022, dass man nicht glaube, „wir müssen jetzt das Wachstum in den nächsten zwei Jahren maximieren, sondern klug, ruhig und konsequent vorgehen, um unseren Erfolgskurs fortzusetzen.“ Der Kurs führte – auch das ist mittlerweile bekannt – auf ziemlich direktem Weg zum Konkursgericht.
„Weiß daher, welche Sauereien passieren können“
Das Wichtigste laut dem Altkanzler: Er komme ja aus der Politik, auch wenn es schon lange her sei. „Daher ist mir nichts Menschliches fremd. Und ich weiß daher, welche Sauereien passieren können. Ich habe zur Kenntnis genommen: Es ist in der Wirtschaft nicht recht viel besser.“
Was genau Gusenbauer mit Sauereien gemeint haben kann, wird sein Geheimnis bleiben. Ganz falsch ist er allerdings mit dieser Einschätzung nicht gelegen, wie zahlreiche Details, die durch die vielen Insolvenzen öffentlich bekannt wurden, mittlerweile belegen. Gusenbauer weiter: „Eines habe ich auch gelernt: Was man sich am härtesten verdient, ist der Neid.“
Und: „Wir alle können einen Beitrag dazu leisten, dass aus dieser Situation, die für viele dazu führen wird, dass sie verängstigt sind, wir trotzdem einen positiven Ausweg finden. Und dazu brauchen wir die besten und engagiertesten Leute.“
„Die Signa-Familie wird weiter erfolgreich sein“
Eben deshalb erfreue er sich auch an dieser Veranstaltung im noblen Tiroler Hotel: „Ich habe gerade zu René gesagt: Alles, was wir sonst machen, mag auch wichtig sein. Bei allem öffentlichen Gegenwind wissen wir eines: Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren. Die Signa-Familie wird weiter voranschreiten und weiter erfolgreich sein.“
Es kam anders, als Alfred Gusenbauer prophezeite. Ganz anders. Mittlerweile ermitteln mehrere Staatsanwaltschaften gegen Benko und Co. wegen mutmaßlich schwerer Vermögensdelikte. Das Konzernkonglomerat liegt praktisch in Trümmern, die jetzt von einer Armada an Masseverwaltern abverkauft werden, um den Signa-Milliardenschaden zumindest teilweise wiedergutzumachen. Im Sinne der vielen Gläubiger.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.