Im Wiener Kosmos Theater feierte Marlene Streeruwitz‘ Auftragswerk „Nachsagungen“ Premiere, in dem die österreichische Schriftstellerin das Thema Femizid verhandelt. Auf der Bühne Gerti Drassl, die große, bewegende Schauspielkunst zeigt.
Ein verstörender, virtuoser Text ist das: Gewalt gegen Frauen bis zum versuchten oder vollzogenen Mord, ein Thema, das seit langem niemanden loslässt. Nachberichtet wird aus der Perspektive der Opfer: der toten und der überlebt habenden, oder der von Schuld- und Rachefantasien zerstörten Hinterbliebenen. Ein alter Polizist tritt auf, der die blutigen Bilder des Tatorts nicht aus dem Kopf bekommt. Marlene Streeruwitz hat also eine Reihe auch sensibel differenzierender Monologe geschrieben. Umso überflüssiger nehmen sich die paar Wikipedia-feministischen Pädagogikeinlagen aus: Hier spricht jedes literarische Wort für sich.
Was Gerti Drassl zeigt, ist große, bewegende Schauspielkunst. Sie verwandelt sich in alle Gestalten und bleibt immer im Format der zentralen Tragödin. Laura Andreß‘ und Stefan Schweigerts Inszenierung verzichtet auf allen Aufwand: ein Leinenvorhang, durch den ein blutroter Riss geht, ein paar Leuchtröhren, Schatten, die auf den Hades verweisen. Was man da bei größeren Bühnen oft an sinnlosem Protz zu sehen bekommt!
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