Alleskönner Nils Strunk bringt gemeinsam mit Lukas Schrenk Jonathan Swifts Gesellschaftssatire „Gullivers Reisen“ am Burgtheater in die ideale Balance zwischen naiver Spiellust und Ironie.
Wer Ende der Siebzigerjahre Fritz Muliar als Wolf im „Rotkäppchen“ gesehen hat, ist als Erwachsener ziemlich sicher ins Burgtheater zurückgekommen. 30 Jahre später begriff Direktor Matthias Hartmann, dass für die Investition in die Zukunft das Beste gerade gut genug ist: Udo Samel als Zauberer von Oz entfaltete nachhaltige Magie.
Jetzt folgt der kluge Direktor Stefan Bachmann der Erkenntnis, dass man das Publikum von morgen nicht an muffigen Kleinschauplätzen mit ranziger Pädagogik langweilen sollte. Und er hat sich für „Gullivers Reisen“ bestmöglicher Unterstützung versichert: Der Unterschiedspieler Nils Strunk und sein Co-Regisseur Lukas Schrenk füllen die Burg derzeit mit Wunderwerken, deren Alleinstellungsmerkmal es ist, Literatur und Musik ineinander zu verwandeln (für Zweigs „Schachnovelle“ bekommt man seit Jahresfrist keine Karte).
Und nun Swifts giftige Satire aus dem Jahr 1726: Strunk ist diesmal „nur“ als Bearbeiter, Regisseur, Liedtexter und -komponist, Pianist und Bandleader beschäftigt. Ein glänzend gestimmtes Ensemble herrscht über das Wunderland aus naiver Spielfreude und Ironie, in dem kleine und große Besucher das Ihre finden. Erfreulicherweise wächst die ererbte mit der neuen Belegschaft bruchlos zusammen: Martin Schwabs alter Gulliver korrespondiert ideal mit seinem jungen Alter ego Gunther Eckes. Markus Meyer trifft auf den zugewanderten Erzkomödianten Stefko Hanushevsky, auch Rebecca Lindauer, Dietmar König, Lola Klamroth und Annamária Láng ist nur Gutes nachzusagen.
Allenfalls tendieren die Ereignisse vor der Pause etwas zu deutlich Richtung Musical. Aber auch dieser Einwand ist obsolet, denn mit dem Ausstoß seelen- und einfallsloser Einwegware, mit der man uns jährlich behelligt, hat der glänzend gearbeitete Abend nichts zu tun. Nach der Pause, mit den philosophischen Gesellschaftsmodellen der Laputa und Houyhnhnms, erreicht die Aufführung großartiges Format. Und vor allem: Kein Video schlägt die Eselsbrücke zu den Riesen und Zwergen, so verlockend dergleichen auch wäre. Hier erfüllt sich alles mit Aura, Verwandlung, Licht und Schatten. Fabelhaft ist das.
Gullivers Reisen
Burgtheater
Universitätsring 2, 1010 Wien
Tickets ab 12 Euro
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