Selenskyj vor Ort

Ukraine wappnet sich für Großoffensive auf Charkiw

Ukraine-Krieg
09.04.2024 17:50

Seit Wochen steht die Millionenstadt Charkiw im Osten der Ukraine unter Dauerbeschuss. Die ukrainische Aufklärung erwartet, dass die nächste russische Großoffensive gegen die Metropole gerichtet sein wird. Im russischen Staats-TV wird bereits über die Zerstörung Charkiws fantasiert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will daher „maximale Anstrengungen“ für den Schutz der Stadt.

Selenskyj traf sich am Montag mit seinem Kabinett, um über Maßnahmen für den Schutz und die Unterstützung für Charkiw zu beraten. Jüngste russische Angriffe gegen die Stadt haben dort schwere Zerstörungen angerichtet und unter anderem die Stromversorgung zum Erliegen gebracht.

„Wir halten unsere Positionen“
Zuvor hatten führende Militärs bei einer Sitzung der Stawka, dem Oberkommando der Armee, weitere Maßnahmen zum Schutz der Großstadt diskutiert. „Wir halten unsere Positionen, die Hauptsache ist jetzt eine effiziente Logistik“, umriss Selenskyj die Lage an den Fronten.

Neben den militärischen Maßnahmen seien auch diplomatische Schritte, wie beispielsweise zur Beschaffung neuer Luftabwehrsysteme, erörtert worden. „Wir arbeiten mit unseren Partnern an der Stärkung des Luftverteidigungssystems, um den russischen Plänen für Charkiw zu begegnen“, erklärte das ukrainische Staatsoberhaupt am Montag in seiner allabendlichen Videoansprache.

„Wollen Menschen aus der Stadt treiben“
Die Großstadt steht unter russischem Dauerbeschuss mit Marschflugkörpern und Raketen. „Die Stadt ist sehr heftigen Angriffen ausgesetzt und es sieht so aus, als ob die russischen Terroristen versuchen, Menschen aus der Stadt zu treiben, sowie eine Offensive vorbereiten“, schilderte der österreichische Honorarkonsul in Charkiw, Wsewolod Koschemjako, die Lage.

Die Menschen würden Charkiw aber nicht verlassen und seien sehr erpicht, ihre Stadt zu verteidigen, so der ukrainische Agrarunternehmer, der seit 2016 Österreich in seiner Region als Honorarkonsul vertritt. Laut seinen Schätzungen sind nach der russischen Invasion Ende Februar 2022 etwa 500.000 von 1,5 Millionen Einwohnern aus der Metropole geflohen, zwischenzeitlich seien jedoch etwa 250.000 Menschen aus stärker vom Krieg betroffenen Teilen der Region Charkiw in die Stadt übersiedelt. Soweit er informiert sei, hätten die wenigen in Charkiw lebenden Österreicher die Stadt jedoch in den vergangenen zwei Jahren verlassen.

Koschemjako sprach von „vielen Einschlägen“, die derzeit nicht nur auf die Infrastruktur abzielten, sondern auch Teile der Stadt beträfen, die unmöglich mit Kasernen oder mit militärischer Produktion in Verbindung gebracht werden könnten. Konkret nannte er zwei Bomben, die am Sonntag einige Wohnhäuser im Stadtzentrum getroffen hätten. „So etwas passiert eigentlich jeden Tag“, erzählte er und berichtete von Problemen mit einer permanenten Wasser- und Stromversorgung.

Russische Armee plant Einkesselung
„Es ist ziemlich schwierig, eine Stadt mit eineinhalb Millionen Einwohnern zu zerstören und sehr schwierig, sie zu erobern“, sagte Koschemjako mit Verweis auf aktuelle diesbezügliche Diskussionen in Russlands Staatspropaganda. Er denke aber, dass russische Truppen nun versuchen würden, Charkiw einzukesseln und derart zur Aufgabe zu zwingen. Sie würden damit aber keinen Erfolg haben, zeigte er sich überzeugt.

Österreich soll Wirtschaftsbeziehungen abbrechen
Österreich könne seiner Stadt zwar mit medizinischer Ausrüstung und Geräten helfen, „Die Hauptsache wäre jedoch, dass Österreich ungeachtet der Profitabilität aufhört, mit Russland zu kooperieren“, sagte er. Zudem sollten die vielen in Österreich lebenden Russen spüren, dass sie für das aktuelle Geschehen in der Ukraine auch verantwortlich seien.

Koschemjako gründete 2022 das Freiwilligenbataillon „Chartija“ zur Verteidigung seiner Heimat. Dieses hat sich mittlerweile in eine offizielle Brigade der ukrainischen Nationalgarde mit Tausenden Soldaten verwandelt. Er selbst habe eine Rolle außerhalb dieser Truppeneinheit und fungiere als Berater des Kommandanten der dem Innenministerium untergeordneten Nationalgarde. „Ich helfe meinen Freunden, Brüdern und Schwestern, die Brigade weiter auszubauen und alles ordentlich zu organisieren“, erklärte er.

Selenskyj besuchte angegriffene Region
„Alles, was Putin anfasst, verwandelt sich in Ruinen“, mit diesen Worten kommentierte Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj vor Ort in Charkiw die Situation.

Flugabwehr soll verstärkt werden
Kiew werde jedoch alles tun, um die Stadt besser vor russischen Angriffen zu schützen. „Wir haben eine Lösung, um die Flugabwehr hier zu verstärken.“ Selenskyj appellierte zugleich an die internationalen Verbündeten, mehr für eine Stärkung der ukrainischen Flugabwehr zu tun – nicht nur in Charkiw.

Ebenso inspizierte der Staatschef den Fortschritt beim Bau von Verteidigungslinien entlang der russischen Grenze. Zuletzt hatten sich Befürchtungen über einen neuen russischen Vorstoß in Richtung der nach Kiew zweitgrößten ukrainischen Stadt gehäuft.

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