An Alzheimer erkrankte Person abgängig: Solche und ähnliche Schlagzeilen gab es in der vergangenen Woche mehrmals. Die meisten gingen glücklicherweise glimpflich aus, die Personen wurden in Venedig oder auf einer Parkbank in Bad Hall gefunden. Die „Krone“ hat nachgefragt, wieso demente Personen so oft „ausreißen“.
Sie lag frierend und unterkühlt auf einer Parkbank: Erst kurz vor Mitternacht wurde in der Nacht auf Samstag eine abgängige 68-Jährige in Bad Hall aufgefunden. Sie war am Freitag gegen 14.45 Uhr unbemerkt aus dem örtlichen Bezirksseniorenwohnheim ausgebüxt. Ihr Verschwinden wurde erst gegen 18 Uhr bemerkt. Nachdem eine Fahndung durch die Polizei keinen Erfolg ergeben hatte, wurde die Suche erweitert und mithilfe von Drohnen und Diensthunden fortgesetzt. Zusätzlich halfen 60 Feuerwehrleute aus Bad Hall, Pfarrkirchen und Adlwang, rund 20 Rettungskräfte und Mitglieder der Rettungshundebrigade mit.
Zuerst wurde ihr Rollator aufgefunden
Nachdem in Bad Hall der Rollator der Abgängigen aufgefunden worden war, konnte die Suche konzentriert werden. Die 68-Jährige wurde vom Notarzt erstversorgt und ins Krankenhaus gebracht. Die erleichterten Angehörigen dankten den Einsatzkräften, dass sie ihre Mutter gerettet hatten.
Kein Weglaufen, sondern Hinlaufen
Abgängige ältere Personen sind zunehmend ein Dauerthema der Lokalberichterstattung - zuletzt machte ein Demenzkranker (50) Schlagzeilen, der von Linz nach Venedig abgehauen war. Doch warum ist das so? „Es ist eigentlich kein Weglaufen, sondern ein Hinlaufen. Meistens suchen die dementen Senioren irgendetwas, einen Platz, mit dem sie etwas verbinden, etwas aus der Vergangenheit, einen neuralgischen Punkt“, sagt Michael Buchner von der MAS Alzheimerhilfe: „Sie suchen etwas, woran sie sich noch erinnern können. Deswegen hilft es auch bei der Suche, die Historie der jeweiligen Person und ihr wichtige Orte zu kennen - das erhöht die Chance, sie zu finden, um ein Vielfaches.“
Es ist eigentlich kein Weglaufen, sondern ein Hinlaufen. Meistens suchen die dementen Senioren irgendetwas, einen Platz, mit dem sie etwas verbinden, etwas aus ihrer Vergangenheit, einen neuralgischen Punkt von früher.
Michael Buchner von dem Verein MAS Alzheimerhilfe in Bad Ischl
Exekutive ist Alzheimer-fit
Andererseits könne es aber natürlich auch vorkommen, dass Demente nicht mehr wissen, wie sie zu jenem gesuchten Ort kommen, und schließlich irgendwo landen und nicht mehr vor oder zurück wissen, sagt Buchner: „Der Verein MAS hat mit der Donau-Uni und der Polizei ein Ausbildungsprogramm erarbeitet, um der Exekutive bei der Suche nach demenzkranken Personen unter die Arme zu greifen. Unser Verein hat die Polizei gewissermaßen demenzfit gemacht.“
Lesen Sie auch den Kommentar von „Krone“-Redakteur Christoph Gantner:
Kennen Sie den? Der Arzt zum Patienten: „Sie haben Krebs und Sie haben Alzheimer.“ Patient: „Na Gott sei Dank kein Krebs.“ Als ich diesen Scherz zum ersten Mal gehört habe, war ich betroffen, die Senioren in der Runde schmunzelten hingegen. Wer älter wird, muss sich eben daran gewöhnen, dass nicht nur die Haare, sondern auch die kleinen grauen Zellen immer weniger werden. Unsere Gehirn ist nicht für die Ewigkeit gebaut - das ist die bittere Wahrheit. Und das zeigt sich auch drastisch in der Weltpolitik. Aber Spott ist nicht angebracht. Denn eine Demenz- Erkrankung kann leider jeden von uns treffen.
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