Dass Armutsbetroffene bei ihren Zukunftsplänen zurückstecken und in vielen Lebensbereichen sparen müssen, ist bereits weitgehend bekannt. Nun kam eine Studie der Armutskonferenz zu dem Schluss, dass aufgrund der Teuerung auch die sogenannte Mittelschicht „Schritte zurück“ macht. Die Menschen reduzieren etwa ihren sozialen Kontakte und Freizeitaktivitäten, um Geld zu sparen.
Die Studie hat 41 Armutsbetroffene sowie 17 Menschen aus der unteren Mittelschicht befragt. Dazu zählen Personen, die als Single-Haushalt maximal 1392 Euro pro Monat zur Verfügung haben, beziehungsweise jene, die höchstens 1800 Euro monatlich haben. Die Inhalte waren, wie sie ihren Alltag erleben und mit den gestiegenen Preisen umgehen. Ein zentrales Ergebnis: Die Befragten sparen bei Lebensmitteln, Freizeitaktivitäten, Mobilität oder auch bei Gesundheitsausgaben.
Cents werden gezählt
Zu den Armutsbetroffenen sagte Studienautorin Evelyn Dawid: „Die kleinste finanzielle Mehrbelastung bringt bei ihnen stets das Gleichgewicht - sofern es überhaupt eines gibt - durcheinander. Ihre Lebensrealität besteht im Alltag darin, mit den Rechnungen und Ausgaben zu jonglieren.“ Eine Befragte habe etwa von einem öffentlichen Kaffeeautomaten zu einem gewechselt, der nur wenige Cent billiger ist.
Die untere Mittelschicht spüre die Teuerung durch eine gesunkene Lebensqualität, zerbrechende Zukunftspläne und eine verminderte soziale Teilhabe. So schränken diese Befragten etwa ihre sozialen Kontakte und Freizeitaktivitäten ein. Das sei für sie ungewohnt.
Um mit der Teuerung umzugehen, arbeiten die Befragten mehr, brauchen Ersparnisse auf, machen Schulden, holen sich Hilfe von Familien, dem Freundeskreis, der Nachbarschaft oder nutzen die Nothilfe verschiedener Einrichtungen. Die Einmalzahlungen der Bundesregierung sind laut der Befragung vor allem für den Alltag aufgewendet worden, beispielsweise für Waschmaschinen, Geschirrspüler oder Kleidung.
Suche nach Schuldigen
Ein weiteres Ergebnis der Studie der Armutskonferenz im Auftrag des Sozialministeriums war, dass sich beide Gruppen wütend und misstrauisch zeigten. Sie suchen nach Schuldigen. Infrage kommen etwa Politikerinnen und Politiker sowie politische Institutionen. Als Konkurrenz um preiswerte Güter werden Migrantinnen, Migranten, Asylberechtigte, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und jene, die mehr Sozialleistungen erhalten, wahrgenommen.
Finanzministerium sieht keinen Kaufkraftverlust
Das Finanzministerium sieht trotz dieser Ergebnisse keinen Kaufkraftverlust. Österreich hätte im EU-Vergleich die dritthöchsten real verfügbaren Einkommen, hieß es. Die Regierung habe zudem etwa beim Strom gezielt die Kosten gesenkt.
Kritik an der Regierung kam hingegen von der SPÖ, der FPÖ und den NEOS. Es sei offensichtlich, dass Einmalzahlungen das Problem nicht lösen würden, sagte etwa SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. „Leistbares Leben muss als Staatsziel in die Verfassung.“ Einmalzahlungen würden die Inflation nach oben treiben, meinte Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker von den NEOS, der wieder auf Steuersenkungen auf Arbeit pochte.
FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch forderte unter anderem eine massive Reduktion bis hin zu einem völligen Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Energie und Treibstoffe sowie die Mineralölsteuer.
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