„Krone“ flog in L-39NG

Saab-Nachfolge: Auch dieser Jet geht ins Rennen

Österreich
30.10.2023 15:50

Seit 1970 stand die Saab 105OE als zweiter Jet des Bundesheeres neben dem „Draken“ und dem „Eurofighter“ im Einsatz - bis sie 2020 ausgemustert wurde. Zwei Typen kommen nun als Nachfolger in Frage, Anfang kommenden Jahres will man sich im Ministerium festlegen. Die „Krone“ flog mit einem der beiden Favoriten.

Am Werksflughafen Vodochody, nördlich von Prag, herrscht sommerliches Wetter. Eine resche Brise treibt vereinzelte Wolkentürme über den Himmel. Der Asphalt der zweieinhalb Kilometer langen Startbahn flimmert, als sich der Prototyp der L-39NG aus der ansässigen Flugzeugproduktion in die Lüfte erhebt.  

Die „Krone“ ist bei diesem Flug an Bord dieser Neuerfindung eines Klassikers, der legendären L-39 „Albatros“. Der Schleudersitz am hinteren Platz des Zweisitzers ragt hoch über das vordere Cockpit hinaus, die Sicht ist auch von hinten hervorragend. Große Farbdisplays zeigen Höhe, Geschwindigkeit, Neigung des Flugzeuges. Runde Instrumente wie in der Vorgängerversion findet man nur mehr vereinzelt. Der hintere Sitz hat zusätzlich einen Bildschirm in der Mitte, auf dem die Sicht nach vorne inklusive der Daten des sogenannten „Head-Up-Displays“ des Piloten vorne noch einmal wiedergegeben werden.  

Die wichtigsten Anzeigen im neuen L39NG-Cockpit

Der Körper selbst steckt in einem G-Anzug, der bei scharfen Manövern mit Luft gefüllt wird. Er presst die unteren Gliedmaßen ab und verhindert, dass das Blut zu schnell aus dem Kopf nach unten gezogen wird. 

Ein Triebwerk für den Trainer
Das FJ-44-4M Triebwerk ist unter dem Helm und der Sauerstoffmaske nur leise zu hören. Es stammt aus ziviler Produktion, gilt als hochmodern und leicht zu warten, aber auch als kontroversiell an dem Flieger. Nicht, weil es fehleranfällig wäre, sondern weil es vergleichsweise wenig Schub liefert, dafür aber effizient und emissionsarm ist. Beim Steigflug fällt das auf, der Trainer klettert gemütlich auf 10.000 Fuß. In den Kurven geht ihm die Kraft allerdings nicht aus - die Geschwindigkeit bleibt auch bei gleichmäßigen 5G-Kurven konstant. 

Video: Die „Krone“ im Cockpit

„Strategische Zusammenarbeit mit Österreich“
Zwei Hersteller duellieren sich derzeit um den gewaltigen Auftrag des österreichischen Bundesheeres: Leonardo aus Italien und Aero aus Tschechien. Lange Zeit galt der leistungsfähigere italienische M-346FA von Leonardo als eindeutiger Favorit bei den österreichischen Luftstreitkräften, doch wie die „Krone“ bereits berichtete, brachte sich die Tschechen zuletzt wieder mit umfangreichen Gegengeschäften ins Spiel: „Die L-39NG als neue Flotte der Österreichischen Luftwaffe würde auch eine strategische Zusammenarbeit mit zahlreichen österreichischen High Tech Unternehmen bedeuten. Dies mit interessanten wirtschaftlichen Impulsen für die Zukunft österreichischer Betriebe - die L-39NG wäre nicht nur tschechisch, sondern auch österreichisch“, so das Unternehmen. Auch in Hinblick auf das neue österreichische Transportflugzeug C-390 werden Kooperationen zwischen Tschechien und Österreich überlegt. 

Vom Strömungsabriss unbeeindruckt
In dem kreisrunden Trainingsgebiet östlich von Prag wird es derweil sportlich: Loopings, Rollen und Steilkurven drücken die beiden Insassen in den Sitz, immer schwerer fällt das Atmen, der Sauerstoff muss aus der Maske „gesaugt“ werden. Testpilot David Jahoda am Frontsitz demonstriert eine kritische Eigenschaft jedes Flugzeuges: das Verhalten, wenn die Luftströmung über den Tragflächen abreißt. Der Jet also entweder zu langsam zum Fliegen wird, oder zu abrupt eine Kurve zieht. In beiden Fällen geht ein immer stärker werdendes Rütteln durch die Maschine, bis sie gutmütig wegkippt und abgefangen werden kann. Eine Eigenschaft, die zukünftigen Trainingspiloten notwendige Sicherheit bietet.

Kurz vor der Landung geht es noch im Tiefflug über ein weites Waldstück. Der Jet liegt hart in der Luft, kleinere Turbulenzen spürt man sofort. Er ist als Trainer mit leichten Kampffähigkeiten gebaut und konzipiert: Piloten sollen hier erste Erfahrungen sammeln, bevor sie später auf größere, leistungsfähigere Überschalljäger geschult werden. Österreich hingegen will mit den Saab-Nachfolgern nicht nur ausbilden, sondern mit ihnen neben dem Eurofighter auch Bodenangriffe fliegen und richtige Luftraumüberwachungs-Aufgaben übernehmen. 

Zurück zur Zweiflottenlösung
Zumindest mit letzterem tun sich beide Bewerber, die M-346FA, wie auch die L-39NG, schwer. Sie fliegen im Unterschall-Bereich und sind allgemein leistungsschwächer als die Eurofighter, dafür sind sie in Betrieb und Anschaffung deutlich günstiger. Die zweistrahlige M-346FA gilt als rund doppelt so teurer als die L-39NG, dafür auch als leistungsfähiger. Bis zu 18 Stück sind geplant, wobei derzeit auch eine 12-Stück-Lösung plus Drohnen am Tisch liegt.

Verzögert sich die Anschaffung noch, könnte ein dritter Kandidat, der gerade in Entwicklung ist, interessant werden: die T-7, eine Kooperation zwischen Boeing und Saab, die überschallschnell und im Wesentlichen ein vollwertiger Abfangjäger ist. 

Verkaufsschlager
In Vodochody wird derweil weiter an der L-39NG gebaut. Ungarn hat ein Dutzend der Trainer bestellt, die ersten kampffähigen Maschinen für Vietnam werden ebenfalls gerade fertiggestellt. Sie sollen dort nicht nur als Trainer, sondern auch als Erdkampf- und Aufklärungsflugzeuge eingesetzt werden. „Wir sind sicherlich die deutlich günstigste Lösung und würden das Training zurück nach Österreich holen“, sagt Verkaufsdirektor Zdeněk Hlačík, bevor es zurück nach Wien geht.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele