Susanne Gogl-Walli

Fällt der Methusalem-Rekord?

Sport-Mix
16.08.2023 12:48

Schritt für Schritt hat sich Susanne Gogl-Walli über 400 m, dem Lauf über die brutale Stadionrunde, in der Weltklasse etabliert. Nie hat die Linzerin große Ankündigungen gemacht. Lieber lässt die 27-Jährige Taten sprechen. Was ihr im letzten Jahrzehnt bei jedem Saisonhöhepunkt mit Topleistungen gelungen ist. Sie ist ein Garant als Beständigkeit. „Die Dichte über 400 m ist sehr groß“, sagt sie vor ihrem Vorlauf diesen Sonntag bei der WM in Budapest (19. bis 27. August), „der Aufstieg ins Semifinale würde mich freuen.“

Susanne Gogl-Walli kann sich selbst gut einschätzen: „Ich bin im guten Mittelfeld der Entry List, muss einfach einen sehr guten Vorlauf zeigen, damit ich eine Runde weiterkomme. Das große Ziel ist wie bei jedem Großereignis, dass ich dort im Bereich meiner Bestleistung performe.“ Mit Prognosen nur nicht zu weit aus dem Fenster lehnen! Die Leistungen der vergangenen Jahre aber sprechen für sich. Bei Olympia 2021 sowie bei der WM und EM 2022 hatte sie schon das Semifinale erreicht. Trainer Wolfi Adler ist es immer gelungen, sie auf den Punkt genau beim Saisonhöhepunkt in Höchstform an den Start zu bringen. Auch er ist stets zurückhaltend, weiß aber: „Susanne läuft auf einem höheren Niveau als im Vorjahr. Im Vorlauf muss sie aber schon voll attackieren, um ins Semifinale kommen zu können.“

Zweimal unter 51 Sekunden
Die bisherige Jahresbilanz aber spricht für Susanne Gogl-Walli. Bei der Hallen-EM in Istanbul sorgte sie heuer als Final-Vierte für eine Sensation. Da verbesserte sie in 51,73 sogar den uralten Indoor-Rekord von Karoline Käfer (51,90/1979). In der Freiluftsaison trumpfte sie dann mit ihren bisher schnellsten 400-m-Zeiten auf. Zweimal unterbot sie die 51-Sekunden-Grenze. Erst in Chorzów am 4. Juni mit 50,90, dann am 18. Juli in Székesfehérvár mit 50,87. Mit dieser Zeit qualifizierte sie sich sogar schon für die Olympischen Spiele in Paris 2024.

Mit ihren 50,87 rückte für sie auch dem Freiluftrekord von Karoline Käfer aus dem Jahre 1977 wieder ein Stückchen näher. Die 50,62 der Kärntnerin sind der älteste österreichische Leichtathletik-Rekord. Klar, dass Susanne Gogl-Walli diese Bestmarke auch im Visier hat. „Den Rekord beobachte ich schon länger. Die Verbesserung dieser Bestmarke ist eines meiner großen Ziele.“ Sie würde aber niemals eine Rekordverbesserung ankündigen. Das passt nicht zu ihr. Aber durchaus denkbar, dass sogar in Budapest dieser „Methusalem“ der rot-weiß-roten Leichtathletik fällt. Wer weiß… Vielleicht gelingt ihr der Aufstieg ins Semifinale am Montag. „Das Finale ist aber wirklich nicht in Reichweite. Das wäre ein Wunder.“

„Das wird eine lässige WM!“
Auch ein Blick in meine Statistik spricht Bände. Vor der WM hat Susanne Gogl-Walli schon 109 Rennen über die 400 m in den Beinen. Das erste Mal durchbrach sie am 10. Juli 2011 in Wels mit 59,08 Sekunden die 60-Sekunden-Grenze. Und das gleich bei ihrem ersten Lauf über die Stadionrunde. Zu Recht kann sie stolz sein, dass sie in jedem 400er unter einer Minute blieb (bei einem Rennen fiel die offizielle Zeitnehmung aus). Bei der U20-WM in Eugene gelang ihr als Final-Achte in 54,61 Sekunden der große internationale Durchbruch. Langsam, aber sich näherte sie sich dann auch in der Allgemeinen Klasse der Weltspitze.

„Jetzt bin ich nur voller Vorfreude auf die WM. Die Vorbereitungen sind nach Wunsch verlaufen, die letzten zwei Wochen habe ich noch mal sehr gut trainieren können, noch an Kleinigkeiten gearbeitet. Ich freue mich, wenn es endlich losgeht!“, sagt sie und ergänzt. „ich weiß, dass sehr viele von meiner Familie und von meinem Verein dort sein werden. Es ist doch eine sehr nahe, lässige WM. Ich bin einfach sehr gespannt, was die nächsten zehn Tage so bringen werden.“

Start auch über 200 Meter
Die 400 m sind ihre Spezialdisziplin, aber sie hat sich auch über 200 m in dem extrem schweren Qualifikations-Prozess für die WM einen Startplatz erkämpft. Da verbesserte sie sich heuer auf 23,09 Sekunden. Schneller lief aus Österreich die 200 m nur Karin Mayr-Krifka, die in Budapest 2004 bei der Hallen-WM übrigens Bronze gewann (!), in Linz vor 21 Jahren mit 22,70. „Diese Quali freut mich natürlich, wir haben über 200 m auch schon viel Arbeit investiert, damit ich da auf ein besseres Niveau komme. Es wird interessant, diese Strecke bei einer WM zu laufen. Das ist sicher eine wertvolle Erfahrung, auch da freue ich mich schon sehr drauf.“ Sie sagt es nicht laut, aber das Unterbieten der 21-Sekunden-Grenze ist auch eines ihrer Ziele.

Mikaela Shiffrin: „What???“
Nochmal zurück zu dem 400er: Skistar Mikaela Shiffrin hält sich auch mit dem Laufen fit. Sie liebt es zu sprinten, wie die zweimalige Olympiasiegerin gerade erzählte. „Ich bin heute die 400 m in ungefähr 90 Sekunden gelaufen“, berichtete die US-Sportlerin auf ihrem Instagram-Account. Dann fragt sie aber ungläubig: „What??? Der Rekord bei den Frauen liegt bei 47 Sekunden!“ Das konnte sie nicht glauben. Zur Beruhigung der Olympiasiegerin: Auch die Fachwelt kann seit vier Jahrzehnten die Bestmarken von Jarmila Kratochvilova (47,99 bei der WM 1983 in Helsinki) und den immer noch aktuellen 400-m-Weltrekord von Marita Koch (47,60 vom Weltcup in Canberra 1985) nicht glauben. Diese Rekorde sind Relikte aus der Hochzeit des Dopings.

Alle 400-m-Zeiten nahe der 50-Sekunden-Grenze aber bleiben weiter Weltspitze. Eine auch gut durchtrainierte Frau muss die Stadionrunde erstmal überhaupt unter 60 Sekunden laufen. Wie es Susanne Gogl-Walli in ihrer inzwischen schon großen Karriere 109-Mal geschafft hat. Darüber wird auch eine Mikaela Shiffrin staunen!

Olaf Brockmann
Olaf Brockmann
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