Flächenfraß ungebremst

„Natur ist uns fremd, daher wollen wir sie nicht“

Steiermark
26.06.2023 11:00

Der Schutz von Tieren und Pflanzen sollte das Hauptargument gegen Bodenversiegelung sein, meint ein Grazer Biologe. Bei Wettbewerben werden Steirer dazu motiviert, im eigenen Garten mit dem Artenschutz zu beginnen.

Erst am Freitag mahnte der Rechnungshof, dass Österreichs Lebensmittelversorgung künftig gefährdet sei. Schuld ist vor allem der hohe Bodenverbrauch: Es gibt immer weniger wertvolle Ackerflächen, Fotovoltaik-Anlagen befeuern den Prozess. Die Steiermark ist absoluter Spitzenreiter im Versiegeln. 

Welches Argument wieder einmal unerwähnt bleibt: unsere Tier- und Pflanzenwelt. Weil wir sie gar nicht kennen, nennt Biologe Gernot Kunz einen Grund: „Schon in der Schule lernen wir wenig über Artenkenntnis.“ Fehlt der Bezug, fehlt der Widerstand. Für ihn ist es kein Zufall, dass die größten Naturschützer oft Biologen mit großer Artenkenntnis sind.

Mit Wissen gegen Natur-Zerstörung
Um mehr Umweltbewusstsein zu entwickeln, hilft unter anderem die amerikanische Online-Plattform „iNaturalist“, welche er seit Jahren an der Uni Graz nutzt und Ende Mai auch den Biodiversitätspreis des Landes Steiermark - die Silberdistel - gewonnen hat. 110.000 Datensätze mit Fotos und Tonaufnahmen wurden vom Institut für Biologie bereits gesammelt und dem Naturschutz zur Verfügung gestellt. Jeder kann sich dort über Tiere, Pflanzen und Pilze informieren, ihre Verbreitung einsehen und selbst beim Befüllen helfen. „Wenn es ein Bauprojekt gibt, dann kann nachgesehen werden, wo welche Arten vorhanden sind.“ Und damit vielleicht auch Tiere und Pflanzen geschützt werden.

Es bräuchte am besten aber 10.000 Steirer, die ganzjährig Daten sammeln. Umso erfreulicher, dass auch heuer bei der seit 2016 stattfindenden „City Nature Challenge“ Ende April erstmals 482 Städte oder Gebiete teilgenommen haben und alleine in Graz bis zur Tierwelt Herberstein 33.100 Beobachtungen gemacht wurden.

Vorhandene Grünflächen schützen
Unter 3719 Arten fanden sich auch einige seltene, wie etwa die Stelzenfliege oder der stark gefährdete Schwarzkäfer. Auch ein Moos im Europaschutzgebiet Feistritzklamm-Herberstein wurde wieder in der Steiermark gefunden. Absolutes Hightlight: der Große Randkäfer, ein Urwaldrelikt, im Nationalpark Gesäuse. Vermehrt finde man solche Arten nur noch in Schutzgebieten, weil durch intensive Landwirtschaft, Versiegelung und auch den Klimawandel immer mehr Lebensräume verloren gehen: „Obwohl sie da sein könnten.“

Damit sie zumindest in den Schutzgebieten weiterhin erhalten bleiben, spielen verbliebene Grünflächen eine tragende Rolle. „Sie sind enorm wichtig, weil viele Insekten keine großen Strecken zurücklegen können und es nur durch Gärten von einem Schutzgebiet zum nächsten schaffen.“ Auch Fotovoltaik-Flächen seien kritisch zu sehen: „Es gibt Schatten, der Regen kommt nicht hin.“ Und der Lebensraum verändert sich.

Jeder kann im eigenen Garten anfangen
Ein wichtiger Puzzle-Stein sind dafür auch unsere Gärten. Was zu beachten ist, um dort die Biodiversität zu fördern?

  • Garten wildern lassen, keine Blütensamenmischungen beim Baumarkt, sondern regionale Blütensamen mit wenig Schmetterlingsblütlern kaufen
  • Flächen mosaikartig bewirtschaften: etwa einen Bereich bereits im Mai mähen, den anderen erst im Herbst
  • Schonend mähen: am besten mit Sense oder Balkenmäher. Grundsätzlich ist mähen gut, wenn das Gras nicht lange liegen bleibt
  • Nährstoffreiche Wiesen aushungern: hochwachsene, gelb-blühende Wiesen mit viel Löwenzahn sind nährstoffreich und nicht gut für die Artenvielfalt. Dort sollte man öfter mähen und das Mahtgut gleich entfernen. Bunte Wiesen mit grillenden Zirpen sprechen für Biodiversität.

Gespür für die Natur zu bekommen, die eigenen Arten im Garten fördern ist vielleicht ein weiterer Ansatz, um die Bodenversiegelung endlich zu reduzieren.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Steiermark



Kostenlose Spiele