Causa in Forchtenstein

Bürgermeisterstichwahl wurde vom VfGH aufgehoben

Burgenland
23.06.2023 12:44

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat der von der ÖVP Forchtenstein eingebrachten Anfechtung der Bürgermeisterstichwahl in Forchtenstein (Bezirk Mattersburg) vom 23. Oktober 2022 stattgegeben. Die Wahl ist ab dem Zeitpunkt vor der Kundmachung der engeren Wahl zu wiederholen, hieß es am Freitag.

Die Wahlleiterin der Gemeindewahlbehörde hat den Wahlakt entgegen den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung eigenmächtig geöffnet und dann unverschlossen zur Bezirkswahlbehörde gebracht. Dies verstoße gegen das Gebot der sicheren Verwahrung der Wahlakten. Da als Folge dieser Rechtswidrigkeit das Wahlergebnis anhand der Wahlakten objektiv nicht verlässlich festgestellt werden könne, musste die Stichwahl aufgehoben werden, begründete der VfGH.

Frühere SPÖ-Bürgermeisterin nahm Wahlakt mit nach Hause
Die ÖVP Forchtenstein hatte die Vorgänge rund um die Stichwahl wiederholt kritisiert und sich, nachdem die Landeswahlbehörde die Wahlanfechtung abgewiesen hatte, an den VfGH gewandt. Das Ergebnis der Stichwahl war sehr knapp, SPÖ-Kandidat Alexander Knaak gewann mit fünf Stimmen Vorsprung gegenüber ÖVP-Vizebürgermeister Josef Neusteurer. Die frühere SPÖ-Bürgermeisterin habe den unversiegelten Wahlakt mit nach Hause genommen, bevor sie diesen nach etwa einer Stunde der Bezirkswahlbehörde übermittelt habe, so Neusteurer im Februar.

Neue Wahl innerhalb von 100 Tagen
Die Landeswahlbehörde hielt fest, dass die Entscheidung nur die engere Wahl der Bürgermeisterwahl betrifft und das Wahlverfahren ab dem Zeitpunkt der Kundmachung der Stichwahl zu wiederholen ist. Die Wiederholung wird durch die Landesregierung binnen sechs Wochen nach Zustellung des VfGH-Erkenntnisses ausgeschrieben. Gemäß B-VG habe die Wiederholungswahl innerhalb von 100 Tagen nach der Zustellung des Erkenntnisses stattzufinden. Der Bürgermeister bleibe bis zur Angelobung des durch die Wahlwiederholung gewählten Bürgermeisters im Amt, so die Landeswahlbehörde.

ÖVP-Kandidat Josef Neuteurer (Bild: Privat/ZVG von Josef Neusteurer)
ÖVP-Kandidat Josef Neuteurer

ÖVP: „Sieg für die Demokratie“
Die ÖVP zeigte sich erfreut über die Entscheidung des VfGH. Sowohl Landesparteiobmann Christian Sagartz als auch der unterlegene Kandidat Neusteurer sprachen in Aussendungen von einem „Sieg für die Demokratie“. „Das heutige Erkenntnis gibt den Bürgern aus Forchtenstein das Vertrauen in die Demokratie zurück“, sah sich Neusteurer bestätigt. „Von Anfang an gab es berechtigte Zweifel an der korrekten Abwicklung der Stichwahl“, stellte Sagartz fest. Schuld am „Wahlchaos“ trage die SPÖ, kritisierte er weiters.

 „Ein höchstgerichtliches Erkenntnis ist zu respektieren“, meinte Knaak. Es sei nicht das Ergebnis in Zweifel gezogen worden, sondern ein Formalfehler wäre der Grund für die Aufhebung. Er bleibe bis zur neuerlichen Wahlentscheidung weiter im Amt. SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst betonte, dass Knaak als Bürgermeister bisher eine hervorragende Arbeit geleistet habe: „Ich bin zuversichtlich, dass dies auch bei der Wahlwiederholung honoriert wird.“

Abgewiesen hat der VfGH hingegen die Anfechtung der Wahl des Gemeindevorstandes von Mattersburg vom Oktober 2022 durch die Liste „TVM - Tschürtz Vorwärts Mattersburg“. Die Liste mit Johann Tschürtz, im Landtag FPÖ-Klubobmann, begründete ihre Anfechtung damit, dass die Anwendung des d‘Hondtschen Verfahrens bei der Wahl des Gemeindevorstandes dem Grundsatz der Verhältniswahl sowie dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, weil es größere Parteien systematisch bevorzuge. Dies führte in Mattersburg dazu, dass TVM, die drei Mandate erreichte, keinen der insgesamt sieben Sitze im Gemeindevorstand bekam.

Der VfGH verwies in diesem Fall auf das Bundes-Verfassungsgesetz, wonach jede im Gemeinderat vertretene Partei „nach Maßgabe ihrer Stärke“ Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand habe. Das B-VG verweise damit auf die Grundsätze des Verhältniswahlrechts, der Gesetzgeber ist dabei jedoch nicht an ein bestimmtes System der Mandatsverteilung gebunden. Dass gegen das d‘Hondtsche Verfahren bei der Wahl des Gemeindevorstandes keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, habe der VfGH bereits wiederholt entschieden, wurde betont.

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