Wie alt ist zu alt?

Joe Bidens gefährliche Wette gegen die Zeit

Ausland
27.04.2023 06:00

Joe Biden will es noch einmal wissen und mit der Unterstützung der Demokraten für eine zweite Amtszeit kandidieren. Doch die biologische Uhr des 80-Jährigen tickt täglich unüberhörbar lauter. Wie gefährlich die demokratische Wette ist, zeigen zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit.

Wie alt ist zu alt? Diese Frage beschäftigt die USA, seit Präsident Joe Biden seine Wiederkandidatur bekannt gegeben hat. Politische Widersacher diffamieren den 80-Jährigen seit Jahren wegen seines Alters. Biden sei „unfit for office“ - also amtsuntauglich. Am Ende einer zweiten Amtszeit wäre er 86 Jahre alt.

Auch auf internationaler Bühne wird der US-Präsident, der im Jahr 1942 geboren wurde, immer wieder zur Zielscheibe. Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew nannte ihn jüngst einen „senilen, verzweifelten Opa“. Respekt für einen Mann, der das einflussreichste politische Amt der Welt innehat, hört sich anders an - auch wenn die Latte für den Putin-Vertrauten ziemlich tief liegt.

Die legendären Versprecher des Joe Biden
Fest steht, dass Biden seinen Kritikern immer wieder Munition liefert. Unvergessen sind seine legendären Versprecher und schwer verständlichen Ausführungen, sobald er sich vom Teleprompter löst. Oder als er im Publikum nach einer Kongressabgeordneten suchte und dabei offenbar vergaß, dass sie im Monat zuvor gestorben war. Für Aufsehen sorgte auch, als Biden im vergangenen Jahr von seinem Fahrrad fiel. Die Reaktionen waren oftmals dieselben: typisch „Sleepy Joe“.

Biden ist „gesunder, kräftiger“ Mann
Unterstützer des Präsidenten werden hingegen nicht müde, zu betonen, dass Biden, der ein Stottern in seiner Kindheit überwunden hat, schon seit Jahrzehnten in öffentlichen Reden improvisiert. Im jüngsten medizinischen Report des Weißen Hauses finden sich allerdings Abnützungserscheinungen wieder - obwohl der US-Präsident darin als „gesunder, kräftiger, 78-jähriger Mann“ beschrieben wird.

Sein Leibarzt, Kevin C. O‘Connor, veröffentlichte die Medikation Bidens. Der Präsident nehme verschreibungspflichtige Medikamente zur Kontrolle seines Cholesterinspiegels und seines Vorhofflimmerns - eines unregelmäßigen Herzschlags - ein. Was für einen Mann in seinem Alter völlig „normal“ sei. Er habe beim Sprechen zudem „immer häufiger und stärker geräuspert“, was wahrscheinlich auf einen sauren Reflux zurückzuführen sei, und sein Gang sei etwas steif geworden.

Dieser Befund - der bereits zwei Jahre alt ist - wird weder Kritiker verstummen noch Unterstützer in Ekstase versetzen. Denn was passiert, wenn Biden nicht mehr in der Lage ist, vernünftig auf die Krisen dieser Welt zu reagieren? In Europa tobt der größte Bodenkrieg seit dem Zweiten Weltkrieg. Und China droht Taiwan immer unverhohlener mit einem Einmarsch. „Alles, was Xi Jinping sagt und tut, deutet darauf hin, dass dies bis 2027 geschehen wird“, urteilte zuletzt der britische Telegraph.

Warum das Alter ein Problem ist
Dass das Alter von hochrangigen Entscheidungsträgern tiefgreifende Kettenreaktionen auslösen kann, zeigen zwei Beispiele der jüngeren US-Vergangenheit. Die Richterin Ruth Bader Ginsburg weigerte sich trotz ihres hohen Alters unter der Obama-Regierung ihren Sitz am Supreme Court, dem US-Höchstgericht, aufzugeben. 2020 starb sie im Alter von 87 Jahren. Donald Trump verschwendete keine Zeit und nominierte die erzkonservative Richterin Amy Coney Barrett.

Seither bestimmt am US-Höchstgericht eine superkonservative Mehrheit von sechs zu drei Stimmen über die Gesetze des Landes. Mit bekannten Konsequenzen: Zwei Jahre nach Ginsburgs Tod wurde das Grundsatzurteil Roe v Wade, das Frauen ein Recht auf Abtreibung garantierte, aufgehoben. Mit einem hauchdünnen Ergebnis von fünf zu vier Stimmen. Barett stimmte für die Aufhebung - und sorgte mit ihren Kollegen für ein politisches Erdbeben. Seither hat sich die Gesundheitsversorgung von Millionen Frauen in den USA drastisch verschlechtert.

Auch ein aktuelleres Beispiel zeigt, dass das Alter nicht nur eine Zahl ist. Im US-Senat herrscht seit Wochen eine kuriose Situation. Die Demokraten haben nur noch eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme, weil die 89-jährige Senatorin aus Kalifornien Dianne Feinstein im Krankenhaus liegt.

Bei vergangenen Abstimmungen scherten einige Demokraten aus, was den Ausfall der Senatorin noch folgenreicher macht. Davor fiel Feinstein damit auf, dass es ihr schwerfiel, sich an die Namen von Kollegen und an das Geschehen in Sitzungen zu erinnern.

Gerade in der US-Bundespolitik sind die Volksvertreter viel älter als der Durchschnittsbürger - auf die Spitze treibt es der republikanische Senator aus Iowa. Charles Grassley wird 95 Jahre alt sein, wenn er seine Amtszeit zu Ende bringt. Der US-Senator twittert gerne Videos von seinen morgendlichen Läufen und macht manchmal Liegestütze bei öffentlichen Wahlkampfveranstaltungen.

Warum wetten die Demokraten auf Joe Biden?
Einer Reuters-Umfrage zufolge glauben beinahe neun von zehn US-Amerikaner, dass die Altersgrenze für das Amt des Präsidenten bei 75 Jahren oder jünger liegen sollte. Warum wetten die Demokraten also auf Joe Biden trotz seines Alters und schlechter Umfragewerte? Der US-Präsident gilt als einziger ernstzunehmender Kandidat in den demokratischen Reihen, der Donald Trump bei der kommenden US-Präsidentschaftswahl schlagen könnte. Biden, der vor drei Jahren als „Brückenbauer“ zu einer jüngeren Generation angetreten war, will jetzt den „Job zu Ende bringen“. 

Nicht wenige dürften hoffen, dass sich bei Biden ein medizinisches Phänomen, das Experten als „Neuroplastizität des Alterns“ bezeichnen, einstellt. Dabei entwickelt sich das Gehirn selbst im hohen Alter weiter, und einige Gehirnfunktionen können sich sogar verbessern, wenn die Personen besonders aktiv bleiben. Zu tun gäbe es auf jeden Fall genug.

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