Zeitzeugen-Interviews

Erinnerung an die dunkelsten Stunden des Landes

Burgenland
18.04.2023 11:00

Buchautor Josef Redl aus dem südburgenländischen St. Martin an der Raab hat Zeitzeuginnen der NS-Diktatur interviewt und sieht Parallelen zur Gegenwart. 

„Krieg ist etwas Schreckliches. Was gerade vor unseren Augen in der Ukraine passiert, zwingt uns, uns auch mit unserer Geschichte zu befassen, auch wenn wir sie nicht selbst erlebten. Zeitgeschichte spielt sich nämlich nicht nur im Großen ab. Sie wird umso fassbarer, je genauer sie beschreibt, wie es den unmittelbar Betroffenen ergeht oder erging“, sagt Josef Redl.

Der 77-jährige pensionierte Betriebswirt aus St. Martin an der Raab war zu Ende des Zweiten Weltkriegs noch im Bauch seiner Mutter, als diese vor den russischen Besatzern flüchtete. Seine um zwölf Jahre ältere Schwester Emma jedoch hatte hautnah miterlebt, wie sich die Schrecken der Nazizeit bis in die kleinsten Winkel des Familienlebens hineinfraßen. 

Zitat Icon

Immer wieder sprach meine Schwester über ihre Kriegserlebnisse, weil diese ihre gesamte Kindheit und Jugend geprägt hatten. So brannten sie sich auch bei mir stark ein.

Buchautor Josef Redl

Letzte Erinnerungen
Um den Zeitgeist von damals auch für die nachkommenden Generationen einzufangen und Lehren für die Zukunft abzuleiten, befragte er für sein Buch „Die Hitlerzeit im Südburgenland“ vier Zeitzeuginnen aus Welten und Doiber, die zwischen 1919 und 1933 geboren wurden.

Darin dokumentiert er das Auftauchen der ersten illegalen Nazis in der Vorkriegszeit, das Schicksal der burgenländischen Roma und Juden, die als Zwangsarbeiter deportiert wurden, die Folgen des 1939 ausgebrochenen Krieges und den Einmarsch der Russen 1945, der schlagartig noch einmal alles auf den Kopf stellte. Von allen vier Frauen, die Redl interviewte, ist inzwischen nur noch eine am Leben: seine Schwester Emma Paul, die im Mai ihren 90. Geburtstag feiert.

Verlorene Jahre
„Die Zeit vor und während des Krieges war von Ängsten und Sorgen bestimmt, kaum jemand konnte sich diesen schicksalhaften Ereignissen entziehen. Durch die Kriegswirren wurden Millionen junger Menschen bedeutende Jahre ihres Lebens gestohlen und ihre Bildungs- und Lebenschancen zunichtegemacht. In der Ukraine und vielen anderen Ländern der Welt, in denen zurzeit Kriege toben, passiert genau das wieder. Sind wir denn nicht klüger geworden?“, beklagt Redl.

Um den Menschen die Parallelen von damals zu heute bewusst zu machen, für Dialog und Frieden zu appellieren und Schlimmeres abzuwenden, lädt der Autor am Donnerstag um 18.30 Uhr zu einer Lesung im Wirtshaus des Dorfmuseums Mönchhof ein. In dem geschichtsträchtigen Ambiente sollen seine Worte noch größeren Widerhall finden. Lauschen kann man ihm aber auch am Samstag anlässlich der „Langen Nacht der Bibliotheken“ in der Stadtbücherei in Jennersdorf.

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