Sanktionen gelockert

Erdbeben: Jetzt sogar US-Hilfe für Diktator Assad

Ausland
10.02.2023 15:55

Die USA werden für dringend benötigte humanitäre Hilfe nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien 85 Millionen Dollar (etwa 79 Millionen Euro) bereitstellen. Damit die Erdbebenhilfe für das vom Bürgerkrieg zerrüttete Syrien trotz der Sanktionen gegen Machthaber Bashar al-Assad möglich ist, erlaubt nun das US-Finanzministerium für eine Dauer von 180 Tagen alle Transaktionen, die mit humanitärer Hilfe infolge der Naturkatastrophe zusammenhängen.

Die Hilfe solle unter anderem Lebensmittel, Unterkünfte, Medizin und Versorgung von Familien umfassen, schrieb US-Präsident Joe Biden am Donnerstag (Ortszeit) auf Twitter. „Unsere Herzen sind bei den Menschen in der Türkei und Syrien“, fügte er hinzu.

Um aber gleich einmal alle möglichen Spekulationen im Keim zu ersticken, stellte man klar, dass es sich um eine temporäre Maßnahme handelt. Diese Lockerung werde nicht die langjährigen strukturellen Herausforderungen und die brutalen Taktiken des Assad-Regimes rückgängig machen, so Wally Adeyemo, der stellvertretende Finanzminister, am Donnerstag in einer Mitteilung. Sie könne aber sicherstellen, dass Sanktionen die jetzt benötigte lebensrettende Hilfe nicht behinderten.

Assad besuchte Verletzte in Aleppo
In Syrien war nach Protesten gegen die Regierung 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Präsident Assad geht in dem Krieg, der bisher mehr als 350.000 Tote forderte, brutal gegen die eigene Bevölkerung vor. Ihm werden etwa Verbrechen gegen die Menschlichkeit angelastet, darunter der Einsatz von Chemiewaffen. Die Regierung in Damaskus beherrscht inzwischen wieder rund zwei Drittel des zersplitterten Landes. Sie kontrolliert auch das lange heftig umkämpfte und nun vom Erdbeben hart getroffene Aleppo. Dort besuchte der syrische Präsident am Freitag das Universitätskrankenhaus. Das Präsidialamt teilte Bilder von Assad und seiner Frau beim Besuch von Menschen, die bei dem Erdbeben verletzt wurden.

Syriens Präsident Bashar al-Assad besuchte Erdbebenopfer in Aleppo. (Bild: APA/AFP/SANA)
Syriens Präsident Bashar al-Assad besuchte Erdbebenopfer in Aleppo.
Die syrische Präsidentengattin Asma al-Assad (helle Jacke) am Spitalsbett eines verletzten Mädchens (Bild: APA/AFP/Syrian Presidency Facebook Page)
Die syrische Präsidentengattin Asma al-Assad (helle Jacke) am Spitalsbett eines verletzten Mädchens

Assad ist international und auch innerhalb der arabischen Welt weitgehend isoliert. Syriens Mitgliedschaft in der Arabischen Liga etwa wurde wegen des Bürgerkriegs ausgesetzt. Immer wieder wurde auch dokumentiert, wie die Assad-Regierung Hilfsgüter als Machtmittel einsetzt: Als loyal empfundene Gegenden wurden versorgt und Wohngebiete, die einst die Rebellen beherrschten, übergangen. Essenskörbe würden an Militäreinheiten verteilt, die Zentralbank verdiene durch verzerrte Wechselkurse außerdem kräftig mit, wenn Hilfswerke etwa US-Dollar in syrische Pfund tauschten, um in Syrien zu arbeiten, schreibt die Denkfabrik CSIS. Trotz dieser Gefahren wollen die USA nun die humanitäre Hilfe nicht verweigern.

Seit dem Erdbeben fordern diverse Hilfsorganisationen und auch die Kirchen die Aufhebung der Syrien-Sanktionen. Das Erdbeben habe das Leiden der syrischen Bevölkerung vervielfacht. Die Menschen litten bereits unter der Last des Krieges, der Pandemie, der Inflation und dem Mangel an natürlichen Ressourcen, an Medikamenten und an lebensnotwendigen Gütern, heißt es in einer Erklärung der drei im Damaskus residierenden Patriarchen verschiedener Kirchen. Angesichts der dramatischen Verwüstungen im Land appellieren die Kirchenvertreter an die Vereinten Nationen, aber auch direkt an die Staaten der Welt, die Sanktionen zu beenden. Die Patriarchen bezeichnen die Maßnahmen als „ungerecht“ und fordern zugleich rasche humanitäre Initiativen, um der von Katastrophen überforderten syrischen Bevölkerung zu helfen.

Syrische Regierung: Sanktionen erschweren Hilfe
Syriens Regierung kritisierte die Sanktionen der USA und der Europäischen Union. Damaskus argumentiert, sie erschwerten die humanitäre Hilfe nach den Erdbeben. Das Auswärtige Amt in Berlin widersprach. Lebensmittel, Medikamente und Gerät für die Bergung von Verschütteten seien von den Sanktionen ausgenommen. Die Sanktionen richteten sich gezielt gegen die syrische Führung und deren Unterstützer. Syrien erhält auch 3,5 Millionen Euro Soforthilfe aus der EU.

In Syrien gelandete Hilfslieferung aus Jordanien (Bild: AP)
In Syrien gelandete Hilfslieferung aus Jordanien

PKK stellt „Operationen“ in der Türkei ein
Die außergewöhnliche Notsituation in der Erdbebenregion hat in der Türkei außerdem dazu geführt, dass die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorläufig alle „Operationen“ im Land einstellen will. „Stoppt die Operationen in den Städten in der Türkei. Wir haben entschieden, keine Operationen auszuführen, solange uns der türkische Staat nicht angreift“, zitierte die der PKK nahestehende Nachrichtenagentur Firat in der Nacht auf Freitag den PKK-Führer Cemil Bayik.

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