Eine aktuelle Wohnumfrage der Vorarlberger Arbeiterkammer fördert alarmierende Ergebnisse zu Tage. Der Handlungsbedarf ist gewaltig, doch die Politik schaut seit Jahren zu.
Das Stillen des Grundbedürfnisses Wohnen wird für immer mehr Menschen zu einem finanziellen Drahtseilakt. Längst geht es nicht mehr nur um ein paar Härtefälle, sondern um eine Entwicklung, die tief in die Mittelschicht hineinreicht und somit auch jene trifft, die mit ihren Steuern den Sozialstaat nähren. Mussten die Vorarlberger vor vier Jahren durchschnittlich noch 28 Prozent ihres Haushaltseinkommens für das Wohnen aufwenden, sind es heute schon über 32 Prozent - und dabei sind viele Teuerungseffekte, etwa die explodierenden Energiekosten, noch gar nicht zur Gänze eingerechnet.
Wohnkosten-Überbelastung
Müssen mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens fürs Dach überm Kopf ausgegeben werden, spricht man von einer Wohnkosten-Überbelastung: „Für 37 Prozent der Umfrageteilnehmenden trifft das aktuell zu, bei den privaten Mietern sind es sogar 43 Prozent“, erklärt AK-Direktor Rainer Keckeis.
Grenzen sind überschritten
Als wäre der Status quo nicht schon dramatisch genug, wird es beim Blick in die Zukunft so richtig düster: Fast die Hälfte aller in Miete lebenden Befragten wissen nicht, ob sie die aktuelle Inflation finanziell noch länger stemmen können - bei acht Prozent ist die Grenze des Mach- und Leistbaren bereits überschritten.
Die Teuerung mag wie ein Brandbeschleuniger wirken, letztlich aber ist die Wohnmisere das Resultat einer Entwicklung, die mit der Weltfinanzkrise 2007/08 so richtig an Fahrt aufgenommen hat: der Erwerb von Wohnraum zum Zwecke der Anlage. Dabei gäbe es auf Landes- und Kommunalebene sehr wohl legistische Mittel, um gegenzusteuern - eine aktive Wohn- und Raumpolitik im Sinne der Allgemeinheit hat allerdings noch nie zu den Kernkompetenzen der Ländle-VP gehört.
Mieten-Erhöhung auf 2 Prozent gedeckelt
Angesichts der vielen verlorenen Jahre wundert es nicht, dass der Forderungskatalog der AK recht lang ist: Zum einen gehe es darum, mit kurzfristigen Maßnahmen Druck aus dem Kessel zu nehmen. Keckeis und Heinzle plädieren für die Einführung einer Inflationsbremse: Die Mieten sollen nicht öfter als einmal im Jahr erhöht werden dürfen, die Erhöhung soll mit zwei Prozent gedeckelt sein. Weiters gehörten das Mietrecht reformiert und der soziale Wohnbau forciert - auch mit der Option des Eigentumerwerbs.
Langfristig, so die AK-Verantwortlichen, führe an einem grundlegenden politischen Gesinnungswandel, fußend auf dem Bekenntnis, dass das Grundbedürfnis Wohnen für jeden leistbar sein soll, kein Weg vorbei. Dazu gehört auch, jene, die mit diesem Grundbedürfnis spekulieren, an die Kandare zu nehmen. Soll meinen: Baugründe sollen nur dann erworben werden dürfen, wenn ein Wohnbedarf nachgewiesen ist, gleiches müsse für die Erteilung von Baubewilligungen gelten. Zudem sollten Umwidmungsgewinne mit zumindest 30 Prozent versteuert werden.
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