Rotkreuz-Misere

„Sanitäter wird wie ein Hilfsarbeiter behandelt“

Oberösterreich
27.09.2022 08:00

Rund 8000 Oberösterreicher engagieren sich beim Roten Kreuz, die meisten im Rettungsdienst. Aber gibt es dafür ein Berufsbild? Fehlanzeige.

Wir machen Notfallmedizin unter erschwerten Bedingungen, aber haben nicht einmal ein offizielles Berufsbild. Ein Sanitäter ist einem Hilfsarbeiter gleichgestellt“ – bewusst provokant zeigt Erwin Feichtelbauer, Präsident des Bundesverbands Rettungsdienst, der in Linz seinen Sitz hat, ein Manko im System auf. Das gilt für ganz Österreich. Oberösterreich habe noch ein spezielles Thema, weil – wie mehrfach berichtet – Rettungswagen nach Verfügbarkeit und nicht nach Qualität der Besatzung zu Transporten und Notfällen geschickt werden.

Routinierte dürfen nicht als Reserve gehalten werden
Die Aussage des Landesverbandes, dass es dem Geschick des Leitstellendisponenten obliegt, zu welchem Einsatz er welches Team schickt, stimmt nur begrenzt, erklären Betroffene: „Ein Zurückhalten einer Mannschaft, etwa um besser ausgebildete oder routiniertere Kollegen zu einem Notfall schicken zu können, ist eigentlich nicht zulässig.“

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Sanitäter als anerkannter Beruf würde auch die Möglichkeit zum Umstieg in andere Sparten wie Pflege ermöglichen.

Erwin Feichtelbauer, Präsident BVRD

Jahrelange Versäumnisse
„In Wien würde ein Zivildiener maximal als dritter im Auto sein, es ist immer ein Notfallsanitäter dabei“, erklärt Feichtelbauer. Dagegen ist es in OÖ an der Tagesordnung, dass Autos nur mit Zivildienern ausfahren. „In NÖ ist die Lage durch politischen Druck zwar besser als in OÖ, aber auch dort ist allzu oft der Notfallsanitäter der Lenker des Wagens und der Zivildiener sitzt beim Patienten! Der Grund liegt in den jahrelangen Versäumnissen der Organisationen, indem keine Notfallsanitäter ausgebildet wurden. Und daher eine Übergangsregelung geschaffen werden musste, dass der NFS bis 2030 auch der Lenker sein darf bzw. der Rettungswagen zu 40 Prozent der Zeit auch mit zwei unerfahrenen Rettungssanitätern besetzt werden kann“, schreibt uns ein Notarzt, der aus Angst vor Repressalien aber anonym bleiben will (der Redaktion ist der Name bekannt).

Engagierte Kollegen
„Die Kollegen, ob freiwillig oder beruflich, sind engagiert, ihnen darf man keinen Vorwurf machen“, rüttelt Feichtelbauer an den Systempfeilern, wünscht sich ein einheitliches Rettungswesen für ganz Österreich.

Europäisches Schlusslicht bei Ausbildung
So sind alleine in Oberösterreich rund 8000 Landsleute beim Roten Kreuz, die allermeisten als freiwillige Rettungssanis mit 260 Stunden Ausbildung. „Auch die 980 Stunden für Notfallsanitäter sind im europäischen Vergleich viel zu wenig“, schaut Feichtelbauer über die Grenze: „Wir sind Schlusslicht!“ So würden Kollegen in Polen, Tschechien oder der Slowakei drei Jahre ausgebildet, und in Deutschland ist Sanitäter ein dreijähriger Lehrberuf. „Das ist eine ganz andere Welt“, bestätigt ein Innviertler, der in OÖ tätig war und jetzt bei der Rettung in Bayern arbeitet.

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