Live dabei im Wembley

Ed Sheeran: Alleinunterhalter im großen Stadion

Wien
03.07.2022 06:00

Die „Krone“ war am Freitagabend live dabei, als Englands größter Popstar Ed Sheeran zum fünften Mal innerhalb nur einer Woche das Wembley Stadion in London bis auf den letzten Platz füllte. Ein Konzertereignis, das zwischen ausuferndem Bombast und fast schon stiller Intimität zu überzeugen wusste. Am 1. und 2. September kommt Sheeran mit seiner Mega-Bühne und einer feinen Setlist ins Wiener Ernst-Happel-Stadion.

Das Gesetz der Serie verlangt es so. 2015 hat Ed Sheeran nach einem fulminanten Karriereboost das Londoner Wembley Stadion dreimal ausverkauft, 2018 waren es vier ausverkaufte Shows und in diesem Jahr schon ganze fünf. „2006 habe ich das erste Mal in England einen Gig gespielt. Vor 20 Leuten“, erinnert sich der derzeit größte Popstar der Welt auf sympathische Art und Weise zurück, „heute sorgt ihr dafür, dass zum zwölften Mal das Wembley Stadion ausverkauft ist.“ Auf der aktuellen „Mathematics“-Tour haben sogar noch mehr Leute als üblich Platz, denn Sheerans Rund ist in der Mitte des Stadions aufgebaut und übertrifft alles bisher Dagewesene. Sechs riesige Videoscreens in Form von Gitarrenplektren, ebenfalls sechs mit Leinwänden ausgestattete Pfeiler und eine die Bühne ummantelnde Videoscreen-Hülle machen das optische Spektakel perfekt. Durch die Zentrierung kommt er seinen Fans noch näher als früher.

(Bild: Zakary Walters)
(Bild: Zakary Walters)

Band nicht nötig
Rund 80.000 sollten sich heute in Europas größtem Fußballtempel einfinden, um ihren verwuschelten Helden zu huldigen. Die Erfolgsformel ist relativ klassisch: man fördere die angeborene Bodenständigkeit des Hauptinterpreten und staffiere sie mit so viel Bombast wie möglich aus. War Sheeran 2018 noch kompletter Alleinunterhalter, hat er dieses Mal auch eine fünfköpfige Band am Start. Die darf aber nur bei einem geringen Anteil an Songs ran und schon gar nicht auf die opulente Hauptbühne. Das Instrumentalgeschwader bleibt auf den Nebenschauplätzen versteckt, womit die Richtung klar vorgegeben ist. Bei den beiden Openern „Tides“ und dem überraschend rockigen „Blow“ geht das Vorhaben von mehr Wucht und akustischer Stringenz auch bravourös auf, im zweiten Part mit Band zeigen sich dabei aber doch deutliche Schwächen.

(Bild: Zakary Walters)
(Bild: Zakary Walters)

Sheeran stellt seine Mitstreiter pflichtbewusst vor und erzählt die nette Anekdote, dass er spätestens beim Album „Divided“ bemerkte, dass die dortigen Songs ohne Band nicht live umsetzbar wären. Da der Brite aber seit Anbeginn seiner Karriere mit einer Loop Station arbeitet und auf der großen Stadiontour noch unzählige Effekte aus der Konserve beimengt, geht das Livespiel seiner Mitstreiter völlig unter. Beim zusammengematschten Medley aus „Peru“, „Beautiful People“ und „I Don’t Care“ kriegt man sie fast gar nicht mit, den Hit „Galway Girl“ veredelt nicht seine Mannschaft, sondern die Gastgeigerin. Es bleibt das schale Gefühl, dass sich der Alleinunterhalter mit so viel Unterstützung gar nicht wohl fühlt und am liebsten wieder alles selbst in der Hand hätte. Der Versuch ehrt den 31-Jährigen, aber in der Live-Umsetzung gibt es definitiv noch Verbesserungspotenzial.

(Bild: Zakary Walters)
(Bild: Zakary Walters)

Familienentertainer
Für seine „größte England-Show aller Zeiten“ lässt sich Sheeran ansonsten auf wenig Kritikpunkte ein, zu gut, routiniert und dennoch leichtfüßig funktioniert das Vorgehen des Weltstarkumpels von nebenan. Schon nach dem zweiten Song feuern die Feuerfontänen und kunterbunten Farbbomben in den britischen Himmel, während Sheeran hochmotiviert über seine Drehbühne läuft, sich immer wieder die Schuhbänder zubinden muss und natürlich so manch humorige Anekdote aus seiner Vergangenheit auf Lager hat. Es sind das Kumpelhafte und die Nahbarkeit, die aus einem hochtalentierten Songwriter einen absoluten Weltstar gemacht haben. Sheeran ist wie du und ich, besitzt überhaupt keine Allüren und musste sich oft selbst durch seine Unzulänglichkeitsgefühle kämpfen. Das begeistert Jung und Alt gleichermaßen. Kinder halten selbstgebastelte Schilder in die Luft, ihre Helden schunkeln begeistert mit und selbst die Großeltern-Fraktion kann sich dem Charme von Schwiegermuttis Liebsten nicht entziehen.

(Bild: Zakary Walters)
(Bild: Zakary Walters)

Nach vier welterfolgreichen Studio- und einem Coveralbum kann Sheeran locker eine Zwei-Stunden-Show füllen, ohne auch nur einmal vom Gaspedal gehen zu müssen. Auch wenn er gerne betont, dass es sich hier um eine Party handelt, sind es dann doch die zärtlichen, filigranen Balladen, die dem Briten noch immer am allerbesten aus Fingern und Mund gleiten. Der mit viel Nostalgie beladene Durchbruchstrack „The A Team“, das tempodrosselnde „Give Me Love“, das bleischwere „Photograph“ und spät im Set der neue Song „Afterglow“ ziehen mit ihrer grazilen Sanftheit alle in ihren Bann. Sheeran fordert seine Fans dazu auf, lautstark und gerne falsch mitzusingen, läuft Kilometer um Kilometer über seine Drehbühne und wartet zum Abschluss des Wembley-Konzertquintetts mit einer ganz besonderen Überraschung auf. Für die zwei Songs „Take Me Back To London“ und „Own It“ holt er seinen Kumpel Stormzy auf die Bühne, den er kurz darauf als „einen der besten Menschen der Welt“ bezeichnen wird.

(Bild: Zakary Walters)
(Bild: Zakary Walters)

Spendabel bei Songs
Der Hip-Hop ist Sheerans eigentliche große Liebe und wer gerade bei den letzten beiden Alben genauer hingehört hat weiß, dass er seine stolzen Singer/Songwriter-Tage zumindest im Moment ein bisschen beiseiteschieben möchte. Neben den Stormzy-Songs tobt sich Sheeran auch auf „2step“ mit schnellem Sprechgesang aus, schießt beim abschließenden „You Need Me Now, I Don’t Need You“ aber den Vogel ab und geht dabei ganz in die Vollen. Sheeran hat nicht nur für jede Lebens- und Gemütslage einen Song geschrieben, er hat sich auch längst aus seinem Ursprungsgenre gelöst, um breiter aufgestellt zu sein. So überzeugt das frappant an Bronski Beat erinnernde Disco-Stück „Bad Habits“ ebenso gut wie das mit einem US-Roadmovie-Touch angehauchte „Bloodstream“ oder Justin Biebers Hit „Love Yourself“, der von Sheeran geschrieben wurde und auf seinem Album „Divided“ keinen Platz fand.

(Bild: Zakary Walters)
(Bild: Zakary Walters)

Durch das beständige Genrehoppen umgeht er die Gefahr, nur im Formatradiopop verhaften zu bleiben und verschafft dem Set in den meisten Momenten die richtige Farbe. Noch immer reichen seine Gitarre, die Loop-Station und sein Talent zum sympathischen Geschichtenerzählen, um auch zigtausende Fans quer durch alle Altersgruppen zum andächtigen Verstummen zu bringen. Was der gute Mann in den letzten elf Jahren auch ausgespuckt hat, es war stets ein veritabler Hit. So fulminant und grell die Bühne auch zum Staunen anregt, am Ende liegt es an den schlichten Entertainmentqualitäten und dem Goldnäschen beim Songwriting, warum Sheeran mit schierer Simplizität zum größten Popstar der Welt geworden ist. Er ist mit seinem Genre-Hopping der perfekte Konsenskünstler für die Generation Playlist und hat dazu die beneidenswerte Fähigkeit, zwischen Folk, Pop, Electro und R&B durchwegs Hits fabrizieren zu können. Einer wie du und ich - nur dass Sheeran am Ende ein monströses Feuerwerk zum Abschied zündet, während wir glückselig, aber gemütlich zu Bett gehen…

(Bild: Zakary Walters)
(Bild: Zakary Walters)

Zwei Wien-Konzerte
Am 1. und 2. September kommt Ed Sheeran im Zuge seiner „Mathematics“-Tour für zwei Shows ins Wiener Ernst-Happel-Stadion. Wer sich dieses außergewöhnliche Spektakel nicht entgehen lassen will, sollte schnell sein. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten und alle genauen Infos zu den beiden Konzerthighlights in Wien.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Wien Wetter



Kostenlose Spiele