Angst vor Wolf auf Alm

„Jetzt beginnen für Bauern die schlaflosen Nächte“

Steiermark
08.06.2022 10:55

Neue, hochmoderne Technik soll auf der Grabneralm bei Admont Schafe und Kühe vor dem Wolf schützen. Es ist die letzte Hoffnung für viele verletzte Bauernseelen. Ein Lokalaugenschein.

Mit Ende des 19. Jahrhunderts galt der Wolf in Österreich als ausgestorben. Ebenso lang, exakt seit 1893, dient die obersteirische Grabneralm als beliebte Sommerresidenz für Ziegen, Schafe, Kühe, Pferde und Schweine.

Wolf im Gesäuse wieder heimisch
Eingebettet zwischen den mächtigen Gesäusegipfeln Hochtor, Ödenstein und Planspitze ist es mit der Idylle seit dem Vorjahr aber jäh vorbei. Gleich siebenmal hat ein Wolf zugeschlagen, der Schock über die Rückkehr des großen Beutegreifers sitzt tief: „Da spielen sich wahre Tragödien ab. Das getötete Tier ist die eine Sache; die andere, dass die restliche Herde komplett versprengt wurde. Zumeist findet man gar nicht mehr alle Tiere, Lämmer stürzen ab, weil sie aus Panik rennen und rennen“, erinnert sich Christian Forstner mit Schrecken zurück.

Das Zittern hat begonnen
Dem Leiter der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Grabnerhof in Admont war sofort klar, dass er handeln muss: „In der Branche herrscht eine Riesenverunsicherung. 150 Jahre gab es diese Bedrohung nicht, deshalb kann jetzt auch keiner damit umgehen, in Schulen wird nichts darüber gelehrt. Wir können aber nicht zuwarten, die Landwirte brauchen sofort eine Lösung. Die Zeit der schlaflosen Nächte hat gerade eben wieder begonnen.“

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Mit dem Beginn der neuen Almsaison geht auch wieder die Zeit der schlaflosen Nächte los

Christian Forstner

3500 Volt und GPS-Sender
Gemeinsam mit dem Österreichzentrum Bär-Wolf-Luchs (ÖZ) und der Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein, beides in Irdning verwurzelt, hat man nun ein Pilotprojekt auf der Grabneralm ausgerollt, dessen Ausgang Bauern aus ganz Österreich hoffnungsvoll beobachten: „Wir haben die etwa ein Hektar große Fläche für unsere 26 Schafe mit einem neuen Spezialschutzzaun mit 3500 Volt eingefasst, darüber hinaus alle Tiere mit einem GPS-Sender ausgestattet“, berichtet der Schuldirektor. Weiteres Ass im Ärmel: Sogenannte WPIUs (Wolve Prevention Intervention Units), so etwas wie eine mobile Spezialeinheit, die jederzeit zur Hilfe eilt.

Wer zahlt?
Das von öffentlicher Hand geförderte Projekt (700 Euro pro Tier) soll zudem theoretisch unterfüttert werden, auch deshalb, weil an der Admonter Fachschule ein neuer Schwerpunkt zum Thema Alpung und Behirtung geplant ist: „Wir notieren penibel sämtliche Erfahrungswerte mit, listen auf, wie viel Arbeitszeit in welcher Tätigkeit steckt usw.“, berichtet ÖZ-Leiter Albin Blaschka.

Mit dem Aufstellen des Elektrozauns alleine ist es nämlich nicht getan: „Das Wichtigste ist die regelmäßige Wartung und Pflege. Der Wolf springt nicht über ein Hindernis, sondern er gräbt sich unterhalb durch“, weiß Thomas Guggenberger, Leiter des Instituts für Nutztierforschung von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Ist die Fläche abgegrast, muss übrigens eine neue umzäunt werden... 

Bilanz im September
Wann hat sich der Aufwand gelohnt? „Wenn ich im September wieder alle Tiere ins Tal bringe“, lacht Forstner. Dann beginnt aber erst der eigentliche Kampf: „Politik und Gesellschaft werden sich überlegen müssen, was ihnen Herdenschutz wert ist, sprich, wer die Kosten für all das übernimmt - da bin ich gespannt.“

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