Heard reagiert eiskalt

Johnny Depp: Emotionale Aussage im Zeugenstand

Adabei
20.04.2022 09:51

Seine Stimme war oft stockend, seine Erinnerungen an die Misshandlungen seiner Kindheit brachten Tränen in die Augen seiner Fans im Gerichtssaal. Johnny Depps emotionale Aussage im Zeugenstand beim Verleumdungsprozess in Virginia ließ niemanden kalt. Mit einer nennenswerten Ausnahme: Ex-Frau Amber Heard saß beinah unbeweglich auf ihrem Stuhl und starrte mit eisiger Miene und zusammengekniffenen Lippen geradeaus.

Kaum war er im schwarzen Anzug mit zum Pferdeschwanz zurückgebundenen Haar in den Zeugenstand getreten, kam der „Pirat der Karibik“ direkt zur Sache. Zu den Vorwürfen von Heard, er habe sie in der Ehe körperlich misshandelt, sagte er: „Es ist bei uns nie so weit gekommen, dass ich Miss Heard in irgendeine Art und Weise geschlagen habe. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie eine Frau geschlagen!“

„Es war teuflisch“
Heard hatte sich in einer Gastkolumne als „Opfer von häuslicher Gewalt“ ausgegeben und damit laut Depp sein Image zerstört und ihm Millionen an Gagen gekostet. Dass er gegen Heard vor Gericht zieht, ist nicht etwas, was er jemals gewollt habe: „Ich muss es tun, weil ich die Verantwortung empfinde, meinen guten Namen wiederherzustellen“. Mit Blick auf die Geschworenen fügte er hinzu: „Mein Ziel ist die Wahrheit“. Und diese will er auch für seine Kinder Lily-Rose (22) und Jack (20) erreichen: „Sie waren 14 und 16 und in der Highschool, als das ,People‘-Magazin mit Miss Heard auf dem Cover (sie hatte darauf zwei blaue Augen und eine aufgeplatzte Lippe) herauskam. Es war teuflisch, dass sich meine Kids damit auseinandersetzen mussten!“

Von Mutter misshandelt
Depps Anwältin befragte ihn dann zu den Misshandlungen, die er als Kind durch seine Mutter Betty Sue Palmer erleiden musste: „Ich habe sie gefürchtet. Sie war unberechenbar und ließ keine Gelegenheit aus, so grausam wie möglich zu sein.“

Depp lachte nervös, als er sich daran erinnerte, dass ihm seine Mutter einen Aschenbecher an den Kopf geworfen hatte. Und „sie hat mich mit hochhackigen Schuhen, Telefonen und allem, was sie gerade zur Hand hatte, geprügelt". Sobald seine Mutter in der Nähe war, habe er mit der nächsten Runde von Misshandlungen gerechnet - „weil du nie davor sicher warst“.

Doch es waren nicht nur die Prügel, mit der Betty Sue ihren Sohn quälte: „Sie hat mir alle möglichen schlimmen Dinge an den Kopf geworfen. Ihr verbaler und psychologischer Missbrauch war fast schlimmer als die körperlichen Misshandlungen!“ Über seinen Vater Christopher Depp, der Johnny mit in den Gerichtssaal begleitet hatte, sagte der Star: „Mein Vater war ein liebenswürdiger Mann, der von sich aus nicht gewalttätig war. Er hat sich bei mir dafür entschuldigt, dass er mich mit dem Gürtel verprügelt hatte. Er wurde von Betty Sue beherrscht.“

Erste Drogen mit 15
Schon als kleiner Bub fragte sich Johnny, wieso seine Mutter ihn nicht verließ: „Ich habe mich gefragt, wie viel er einstecken kann. Er hat nie mit uns Kindern oder mit meiner Mutter die Beherrschung verloren.“ Bis Depp 15 war. Dann zog der Vater aus. Johnny stellte ihn zur Rede. „Er sagte zu mir: ‚Ich kann mit ihr nicht mehr leben. Du bist jetzt der Mann im Haus.‘ Meine Mutter ist ohne ihn in dunkle, tiefe Depression verfallen.“ Sie versuchte dann, mit einer Überdosis Pillen Selbstmord zu begehen. Johnny fand sie noch rechtzeitig und fuhr sie in die Notaufnahme.

Depp beschrieb, wie er mit elf Jahren zum ersten Mal eine „Nervenpille“ von seiner Mutter klaute und schluckte: „Bis ich dann 15 war, habe ich ziemlich jede mir bekannte Droge ausprobiert. Ich wollte das Trauma in mir betäuben!“ Er kritisierte seine Ex-Frau, die ihn als außer Kontrolle geratenen Junkie und Alkoholiker hingestellt hatte: „Sie hat maßlos damit übertrieben und die Unwahrheit gesagt. Ich war einfach eine leichte Zielscheibe für sie. Ich bin kein durchgeknallter Typ, der ständig voll oder high auf Drogen sein muss!“

Traum wurde Albtraum
Depp erzählte auch, dass er Hals über Kopf in Amber verliebt war, nachdem er sie 2011 auf dem Set von „Rum Diaries“ getroffen hatte: „Am Anfang der Beziehung mit Miss Heard war es oft so, dass ich dachte, es ist zu schön, um wahr zu sein. Sie war aufmerksam, liebevoll, intelligent, gütig, witzig und verständnisvoll (...) Wir hatten so viele Gemeinsamkeiten, wenn es um Musik oder Literatur ging.“ Die ersten eineinhalb Jahre waren ein Traum, der sich dann immer mehr zu einem Albtraum entwickelte.

Depps Anwältin versuchte dann, dem Kreuzverhör durch Heards Anwälte den Wind aus den Segeln zu nehmen - in dem sie Depp auf SMS-Nachrichten ansprach, in der er seine Frau übel beleidigt und sogar über deren Tod fantasiert hatte. 2016 hatte er unter anderem an seinen Freund Isaac Baruch geschrieben: „Diese Fo… hat das coole Leben, das wir hatten, zerstört“. Und: „…ich hoffe, ihre Leiche verwest im fucking Kofferraum eines Honda Civic!“

Im Zeugenstand senkte Depp den Blick und klang reumütig: „Ich schäme mich dafür, was ich geschrieben habe. Ich schäme mich dafür, dass ich in der Hitze des Gefechts, inmitten meines Schmerzes, in solche dunklen Tiefen gesunken bin!“ Als Erklärung für seine makabren Zeilen: „Schmerz muss man mit Humor begegnen. Und es war ein sehr, sehr schwarzer Humor!“

Um 17 Uhr stoppte Richterin Penney Azcarate den Star-Zeugen und verschob seine weitere Aussage und das Kreuzverhör auf den nächsten Tag.

Gegenklage von Heard
Depp hat Heard, mit der er zwischen 2015 und 2017 verheiratet war, auf 50 Millionen Dollar (rund 46 Millionen Euro) Schadenersatz verklagt. Die aus Filmen wie „Aquaman“ und „The Danish Girl“ bekannte Schauspielerin hat mit einer Gegenklage gegen Depp reagiert. Sie verlangt 100 Millionen Dollar Schadenersatz.

Für Depp steht viel auf dem Spiel. Im vorigen Jahr hatte er vor Gericht in London mit einer Klage gegen die Boulevardzeitung „Sun“ eine Niederlage einstecken müssen. Es ging um einen Artikel, in dem behauptet wurde, Depp habe Heard körperlich misshandelt. Nach einem wochenlangen Prozess mit heftigen Vorwürfen wurde die Klage abgewiesen. Die Mehrheit der in der Zeitung erwähnten Vorwürfe habe sich als wahr erwiesen, hatten die Richter in ihrem Urteil festgestellt. Heard sei „das Opfer anhaltender und mehrfacher Angriffe“ gewesen.

In dem Prozess in London hatten sich Depp und seine 23 Jahre jüngere Ex-Ehefrau mit den bittersten Vorwürfen überzogen. Über Wochen offenbarten sie vor Gericht Details, von denen man lieber nie gehört hätte. Fäkalien auf der Bettdecke, blutgetränkte Nachrichten am Spiegel und eine abgetrennte Fingerkuppe waren nur einige davon.

Prominente Zeugen erwartet
Auch das laufende Verfahren soll mehrere Wochen dauern. Neben Depp und Heard werden andere prominente Zeugen erwartet, darunter Tesla-Chef Elon Musk und die Schauspieler Paul Bettany und James Franco. Seit voriger Woche kamen bereits Assistenten der Schauspieler, ein Arzt, eine Eheberaterin, Depps Schwester und Freunde zu Wort.

Heards Anwalt, Benjamin Rottenborn, versprach Beweise, die Depp als alkohol- und drogensüchtigen Gewalttäter entlarven würden. Der Schauspieler habe auch sexuelle Gewalt angewendet, sagte er zum Auftakt. In dem Prozess werde die Jury „entsetzliche“ Schilderungen hören. Heard werde persönlich darüber sprechen.

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(Bild: kmm)



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