„Jetzt handeln“

Neue Bäume: Klimakur für den steirischen Wald

Steiermark
29.03.2022 11:00
Die steirischen Wälder brauchen unsere Hilfe! Die aktuelle Trockenheit macht vor allem Fichten zu schaffen, aber auch andere Arten leiden. Zudem wird der längst angekommene Klimawandel den Druck weiter erhöhen. Experten sind deshalb überzeugt: Damit die Funktion unseres Waldes auch in Zukunft erhalten bleibt, muss jetzt endlich gehandelt werden – unser Wald muss sich verändern!

März 2022 am Waldrand im Südwesten von Graz: 22 Grad, wolkenloser Himmel, ein vorbeifahrendes Auto wirbelt Staub auf. An solchen Tagen demonstriert uns der Klimawandel wieder einmal, dass er schon längst Teil unseres Lebens ist.

Ein paar Schritte weiter, mitten im Wald in St. Martin bei Straßgang, scheint die Welt noch in Ordnung: Fichten, Kiefern und Buchen ragen friedlich aus dem laubbedeckten Boden. Doch wie lange noch? Die steigenden Temperaturen haben schon erste Spuren hinterlassen: „2020 hatten wir in diesem Wald einen Fichtenanteil von 41 Prozent, 2021 waren es schon nur noch zwölf“, bedauert Oberförster Peter Bedenk.

Obwohl der Nadelbaum von Bad Radkersburg bis zum Dachstein vorkommt, stößt er hier an seine Grenzen: „Die Fichte wurzelt flach. Wenn es trocken ist und kein Regen fällt, wird es schwierig, Wasser zu halten“ erklärt Landesforstdirektor Michael Luidold. Seit Monaten fehlt Niederschlag, dabei bräuchte ihn gerade jetzt nicht nur die Fichte so dringend.

Bei mehr Sonnenstunden verlangt der Baum noch zusätzlich Wasser und „schwitzt“ mehr. Ob Wassermangel kompensiert werden kann, sei, so Luidold, auch abhängig vom Standort: „Schatten, Wasserverhältnisse und vor allem der Boden spielen eine Rolle.“ Im Süden und Osten wirken sich dazu gleichbleibend hohe Treibhausgase, deren Belastung einer bis zu vier Grad höheren Jahresmitteltemperaturen entsprechen, stärker aus als in der Obersteiermark (siehe Grafik).

Wissenschaftler wählen optimalen Baum
Der Wald hätte sich zwar schon immer angepasst, jedoch noch nie so schnell. Damit verbundene Folgen könnten fatal sein. Luidold: „Der Wald bietet Schutz vor Naturgefahren. Sterben Bäume großflächig, kann es in gewissen Bereichen zu Rutschungen kommen und damit Wohngebiete gefährden.“ Der Klimawandel betreffe daher nicht nur Waldbesitzer, sondern uns alle: „Der Wald speichert viel CO2 und trägt zur Grundwasserbildung bei. Für viele ist er zudem wichtiger Erholungsraum.“

Der Forstdirektor ist sich sicher: „Nur zuschauen, ist zu wenig!“ Deshalb initiierte das Land ein Projekt zur Trendumkehr, an dem 100 Wissenschafter beteiligt sind: „Waldbesitzer können für jede Stelle bestimmen, welche Baumarten sie dort pflanzen sollten.“ Am Beispiel des Waldstücks in St.…Martin wird etwa schon bald von Fichten abgeraten. Tannen, Linden oder Buchen stellen sich als überlebensfähiger heraus. „Es sollten bis zu fünf verschiedene Arten sein,“ rät Luidold. Ein Borkenkäferbefall könnte bei nur einer Baumart einen Totalausfall bedeuten.

Neue Chancen durch neue Bäume
Der Aufwand einer Umstrukturierung würde sich jedenfalls auszahlen, sind sich Luidold und Bedenk einig; die Zeit zu handeln sei jetzt. „Viele Bäume machen sich ohnehin von selbst breit,“ sagt der Oberförster. Die Buche fühle sich gerade sehr wohl bei uns. Andere sind extra zu pflanzen, speziell zu schützen oder sogar zu fällen – damit es auch weiter einen Wald gibt.

Die jetzige Situation ist für die beiden Experten jedenfalls auch eine große Chance: „Es könnte ein Waldwachstum einsetzen und die Wertschöpfung damit gesteigert werden.“ Holz ist ja schon jetzt der größte Arbeitgeber des Landes (siehe Daten & Fakten). Auch die Sägeindustrie stelle sich schon auf andere Hölzer ein. Und letztlich könnte so auch für Tiere und Pflanzen ein neuer Lebensraum entstehen.

„Dynamische Waldtypisierung“: www.waldbauberater.at

Daten & Fakten zum Wald

Nicht umsonst das „Grüne Herz Österreichs“: Ein Viertel des heimischen Waldes liegt in der Steiermark. Dort macht er ungefähr 60 Prozent, also rund eine Million Hektar der Gesamtfläche (1,6 Mio. ha) aus. Jährlich kommen etwa 800 Fußballfelder hinzu.

Mit 55.000 Beschäftigten ist die Forst- und Holzindustrie der größte Arbeitgeber in unserem Bundesland. Fünf Milliarden Euro erreicht sie an Produktionswert, 72 Prozent der Waldfläche wird dafür genutzt. Schutz (z.B. gegen Hangrutschung) macht knapp ein Fünftel aus, Wohlfahrt (z.B. Reinigung der Luft, Verbesserung Wasserhaushalt) acht Prozent und Erholung ein Prozent.

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