Briefkasten-Firmen

Warum gegen Karl-Heinz Grasser ermittelt wird

Österreich
28.05.2011 13:22
Die Untersuchung der Steuerpflicht von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist derzeit Gegenstand eines Finanzstrafverfahrens. Die Staatsanwaltschaft Wien hegt den Verdacht auf Steuerhinterziehung. Wie der Steuerexperte Karl Bruckner von der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei BDO Austria erläutert, hat auch bei internationalen Verflechtungen grundsätzlich der Wohnsitzstaat der Person, die die Einkünfte erwirtschaftet hat, das Besteuerungsrecht: "Der reine Briefkasten nutzt nix."

Grasser hat Stiftungen in Liechtenstein mit Tochterfirmen auf Zypern und den British Virgin Islands eingerichtet, weiter soll es Konten in der Schweiz geben. Die von Grasser eine Zeit lang gemanagte Meinl International Power (MIP) hatte ihren Sitz auf Jersey, die MIP-Managementgesellschaft MPM war ebenfalls auf Jersey angesiedelt und verfügte über eine Tochtergesellschaft in Bratislava.

Laut der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können Einkünfte einer Steueroasengesellschaft, die eine reine Briefkastenfirma ist, nicht zugerechnet werden, sondern den dahinterstehenden Personen, erläutert Bruckner. Wenn jemand in Österreich seinen ständigen Wohnsitz hat, ist er im Allgemeinen hier unbeschränkt steuerpflichtig. Wenn also jemand eine Leistung erbringt und das Honorar über eine Briefkastenfirma ausbezahlt wird, werden die Honorare nicht dem Briefkasten zugerechnet, sondern der Person, die die Leistung erbracht hat.

Geld muss in Österreich versteuert werden
Die Finanz müsse sich nun Grasser Tätigkeit und Entlohnung genau anschauen. Mit manchen Staaten gebe es Doppelbesteuerungsabkommen, mit den Steueroasen aber nicht. "Was ich auf den British Virgin Islands kassiere, muss in jedem Fall in Österreich versteuert werden", vorausgesetzt der Wohnsitz ist in Österreich und nicht im Inselstaat.

Zur Argumentation von Grassers Anwalt Manfred Ainedter, wonach sein Mandant dem Finanzamt schon alles offengelegt habe und eine Unbedenklichkeitserklärung für die Liechtenstein-Stiftungen erhalten habe, erläutert Bruckner, dass dies geprüft werden müsse. Wenn jemand wirklich alles offenlege, dann gelte eine Unbedenklichkeitserklärung auch weiter. Anders sei dies aber, wenn Geldströme oder Rechtsverhältnisse verheimlicht bzw. falsch deklariert wurden. Dann könne eine Erklärung des Finanzamts wieder revidiert werden, üblicherweise von einem anderen Finanzamt.

Stiftungen: "Steuerpflicht beim Stifter"
Bei Grassers Liechtenstein-Stiftungen Waterland und Silverland handelt es sich laut seinem Anwalt um "intransparente Stiftungen", wo der Stifter, also Grasser, nicht frei über das Vermögen verfügen könne, sondern nur unabhängige Stiftungsräte. Falls es aber "transparente Stiftungen" seien, "dann wird durchgeschaut", erläutert Bruckner: Für die Finanz seien derartige Stiftungen nicht existent, die Steuerpflicht bleibe beim Stifter. Im Falle Grassers könnten die Ermittler nach einem Mandatsvertrag für die Stiftungen gesucht haben, wodurch der Stifter, also hier Grasser, jederzeit frei über das Stiftungsvermögen verfügen könne. Wenn man einen Mandatsvertrag finde, dann sei alles eindeutig dem Stifter zuzurechnen.

Das bei Grassers Steuerberater Peter Haunold beschlagnahmte Material sei derzeit auf dessen Antrag hin versiegelt, weil Wirtschaftstreuhänder der Verschwiegenheitspflicht unterliegen und darunter möglicherweise auch Unterlagen seien, die gar nicht den Fall Grasser betreffen, erläuterte Bruckner. Ein Gericht müsse jetzt feststellen, ob auf die Unterlagen zugegriffen werden könne. Unterlagen anderer Klienten müssten vorher ausgesondert werden, weil die Gefahr bestehe, dass das Steuergeheimnis anderer Klienten gefährdet werde. Die Grasser betreffenden Unterlagen könnten aber nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss schon von den Ermittlern angeschaut werden, erwartet Bruckner.

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