Blindenhund verstorben

Niegelhell: „Mit seinen Augen konnte ich sehen“

Steiermark
27.02.2022 16:00

Für den blinden Musiker Wolfgang Niegelhell war sein Hund Amadeus viel mehr als nur ein Haustier. Vor wenigen Tagen verstarb der vierbeinige Lebenspartner völlig unerwartet.

Leer ist es im Haus von Wolfgang Niegelhell in Heiligenkreuz am Waasen geworden. Am Platz neben dem Klavier im Wohnzimmer fehlt der schneeweiße Schäferhund, der für den blinden Musiker viel mehr als nur ein lieb gewonnenes Haustier war. Amadeus war ein verlässlicher Partner, zu dem eine enge Freundschaft bestand. Als Kamerad und Freund Tag und Nacht an der Seite des 56-Jährigen. „Mit seinen Augen habe ich sehen können und viele schöne Momente erlebt.“

„Ich wollte nicht, dass Amadeus leiden muss“
Großes hatte Wolfgang Niegelhell mit dem achtjährigen Blindenführhund auch in den nächsten Wochen vor. Im Mai war alles für einen mehrwöchigen Benefizmarsch vom Bodensee zum Neusiedlersee organisiert. Für den Spendenmarathon zugunsten der Blindenführhundestiftung wurden auch Trainingskilometer zurückgelegt. Nichts deutete darauf hin, dass er Krebs hatte, der sich von heute auf morgen von seiner aggressivsten Seite zeigte.

Diagnose Milztumor. „Ich wollte nicht, dass Amadeus sehr leiden musste. Ich habe ihn zuhause bei mir in vertrauter Umgebung gehen lassen.“ 36 Stunden nach der Diagnose schlief er friedlich in den Armen seines Herrls ein. Wer um sein Haustier trauert, kennt den unsagbaren Schmerz. Für Niegelhell ist der Verlust kaum verkraftbar: „Ich brauche nun Ablenkung, sonst zerbreche ich daran.“

Trost in der Musik
In der Musik findet er Trost: Sein neues Album mit „Liebesliedern“ wurde online veröffentlicht und auf Facebook postet er Fotos von Auftritten, Ausflügen und unvergesslichen Stunden. Beide besuchten Kindergärten, Schulen aber auch Universitäten und zeigten, wie man trotz Behinderung den Alltag selbstständig bewältigen kann.

„Aber die Sehnsucht wieder sehen zu können, verspüre ich täglich, weil mir bewusst ist, was ich verloren habe. Das lässt sich nie überwinden, auch wenn ich damit gut leben kann“, sagt Niegelhell, der im Alter von 26 Jahren aufgrund eines Augeninfarkts von einer auf die andere Sekunde sein Augenlicht verlor. Er war gezwungen, seinen Beruf als Umweltberater aufzugeben und machte nach einer schwierigen Phase der Neuorientierung die Musik zu seinem Lebensinhalt.

Dieter Bohlen begeistert vom musikalischen Duo
Als Team schafften es der Panflötenspieler und sein treuer Begleiter bis in die TV-Show „Das Supertalent“, wo sich Dieter Bohlen und das Publikum begeistert zeigten. Auch beim letzten Konzert in der Basilika in Mariazell im Dezember war Amadeus an seiner Seite. „Er ist immer bei mir auf der Bühne geblieben und hat die Aufmerksamkeit des Publikums genossen. Richtig stolz war er, wenn wir nach dem Konzert durch den Saal gegangen sind.“

Die vertraute Zweisamkeit hat sich vom ersten Moment gezeigt. „Amadeus hat mich ausgesucht. Wir waren füreinander bestimmt.“ Mit vier Wochen ist der putzige Welpe auf den Musiker zugelaufen und wollte nicht mehr von seiner Stelle weichen. Niegelhell hat den jungen Schäferhund mit einer Tierärztin zum Blindenhund ausgebildet. „Ich habe ihm kaum etwas beibringen müssen. Er hat das Aufheben von Schlüsseln oder Euro-Münzen einfach mit der Zeit können.“

Im Friedwald sollen sie wieder vereint werden
Wie sehr der vor wenigen Tagen verstorbene Partner fehlt, merkt der blinde Musiker im beschwerlichen Alltag. „Ohne fremde Hilfe komme ich nun nicht mehr außer Haus“, bedauert Niegelhell, der sich mit der Suche nach einem neuen Blindenführhund Zeit lassen möchte. „Es soll mein Herz entscheiden, wer in die großen Fußstapfen vom Amadeus folgen wird.“ Eines steht für Niegelhell außer Zweifel. „Wenn es bei mir so weit ist, werde ich mich mit der Urne von Amadeus gemeinsam im Friedwald bestatten, dann sind wir wieder vereint.“

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