Termin verschoben

Iranerin darf ihren Peiniger vorerst nicht blenden

Ausland
14.05.2011 10:23
Ameneh Bahrami, jene Iranerin, die am Samstag mit gerichtlicher Erlaubnis einem Mann das Augenlicht hätte nehmen dürfen, darf dies nun offenbar doch nicht tun. Die iranische Justiz hat die Vollstreckung des Urteils ohne Angaben von Gründen verschoben, wie die Nachrichtenagentur ISNA meldete. Noch am Tag vor der Urteilsvollstreckung wurde die junge Frau von mehreren Seiten bekniet, Gnade vor Recht walten zu lassen.

Das iranische Gericht hatte der mittlerweile in Spanien lebenden Ameneh Bahrami erlaubt, ihrem Peiniger, der ihr vor sechseinhalb Jahren aus verschmähter Liebe Säure ins Gesicht kippte, ebenfalls fünf Tropfen Säure in jedes Auge zu tröpfeln. Der Mann sollte dabei allerdings in einem Spital unter Narkose gesetzt werden.

"Auge um Auge"-Prinzip
Nach islamischem Recht erlaubt das "Auge um Auge"-Prinzip Opfern, dem Täter das gleiche Leid zuzufügen. Häufig wird dieser Vergeltungsgrundsatz in Mordfällen oder bei schwerer Körperverletzung angewendet. Einen Fall, in dem ein Mensch auf gerichtliche Anordnung geblendet wurde, gab es laut der Zeitung "Haft-e Sobh" bisher jedoch noch nie.

In ihrem 2010 erschienen Buch "Auge um Auge" ließ es Bahrami noch offen, ob sie das Urteil vollstrecken würde. Nachdem die iranischen Behörden den Termin mit Samstagmittag festsetzten, mehrten sich die Anzeichen, dass die heute 31-jährige Frau es doch tun wollte (siehe ausführlichen krone.at-Bericht in der Infobox). Trotz der durch den Säureangriff erlittenen Blindheit wollte Bahrami das Urteil selbst vollstrecken. Jemand sollte ihr die Hand führen, heißt es.

Amnesty: "Inhuman und grausam"
"Es ist unglaublich, dass die iranischen Behörden solch eine Bestrafung in Erwägung ziehen", sagte am Freitag Hassiba Hadj Sahraoui, Vizedirektor des Nahost- und Nordafrikaprogrammes von Amnesty. Blendung mit Säure sei inhuman und grausam bis hin zur Folter, sagte er. Die iranischen Behörden hätten eine Verantwortung unter internationalem Recht, dies zu verhindern.

Der deutsche Orient-Forscher Gunter Mulack bezeichnete das geplante Vorgehen als "aus unserer Sicht antiquiert" und "unverständlich". Es sei zwar "gedeckt durch archaische Prinzipien des islamischen Rechts, der Scharia", aber auch im arabischen Raum sei die Umsetzung solcher Richtersprüche zur Ausnahme geworden. Derartige Urteile könnten zum Beispiel durch Geldzahlungen ersetzt werden, meinte Mulack in Richtung der iranischen Justiz.

"Es muss sein, nicht nur meinetwegen"
Gegenüber den iranischen Nachrichtenagentur INSA hatte Bahrami am Freitag ihre Entscheidung, das Urteil umzusetzen, bekräftigt: "Es muss sein, nicht nur meinetwegen, sondern auch um solchen grausamen Aktionen ein Ende zu setzen, damit andere Frauen nicht das gleiche Schicksal erleiden wie ich."

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