Neues Studioalbum

The Base: Auch die Queen Mum kann Rock‘n‘Roll sein

Wien
07.02.2022 06:00

Rockmusik mit Grunge- und Alternative-Touch gegen jedwede Trends. Das zelebriert das Grazer Trio The Base erfolgreich seit mehr als 30 Jahren. Auf ihrem neuen Album „Lick A Stone Kill A Fly“ zeigen sich Norbert Wally und Co. etwas entspannter und zurückgelehnter, aber immer noch hungrig und frisch. Was damit die Pandemie und Jethro-Tull-Gitarrist Martin Barre zu tun hatten, erklärt uns Wally im ausführlichen Interview.

Soll noch einer sagen, die Pandemie würde nicht milde stimmen. Das Grazer Rock-Trio The Base hat sich von der Elegie der Isolation bewusst ausbremsen lassen und sich auch musikalisch in ruhigere Gefilde gewagt. Wenn man diesen Mahlstrom aus psychedelischen 60s-Rock-Zitaten, Queens-Of-The-Stone-Age-Verbeugungen und Grunge-Chic so kategorisieren mag, aber der Vergleich macht dann doch sicher. War der 2019er Vorgänger „Tribal Instincts“ eine bewusst rohe Gemengelage aus eruptiven Momenten, lassen sich Frontmann Norbert Wally und Co. auf dem brandneuen „Lick A Stone Kill A Fly“ mehr Zeit zur Entfaltung. Mehr Reggae-Off-Beat-Passagen, mehr konziliante Ruhe und etwas weniger Sturm und Drang, ohne dabei aber an der gewohnten Dringlichkeit einzubüßen. Ein interessanter und gelungener Spagat einer Band, die schon seit den späten 80er-Jahren musiziert und ihre dauerhafte Trendlosigkeit als wichtige Komponente zur Langlebigkeit betrachtet.

Anbiedern unerwünscht
„Derzeit sind ja wieder die 90er-Jahre in“, erzählt uns Wally im „Krone“-Gespräch im Wiener Café Dommayer, „aber wie oft habe ich das schon gehört? Wir bleiben lieber bei dem, was wir sowieso machen. Wenn du dann Glück hast, dann erwischt du eine solche Trendwelle und ein Album hat mehr Erfolg. Anpassen und anbiedern ist für mich unmöglich.“ Mit „Diving Out Of Fashion“ kracht das Trio wütend und rumpelnd in eine knappe Stunde Musik, nur um dieses Aggressionslevel schnell wieder zu verlassen. „Ich liebe Alben und mir macht es einen Riesenspaß die Dramaturgie eines Albums zu konzipieren. Wir beginnen mit einer richtig räudigen Nummer, die sechs Minuten lang stur den Rhythmus hält und werden dann immer ruhiger. Dadurch entwickelt sich ein schöner Sog.“

Der Song selbst handelt im Großen und Ganzen von ebenjenen Trends, denen man sich beharrlich und erfolgreich verweigert, im Kern aber noch viel profaner von Mode. „Einmal im Jahr gehe ich mit meiner 80-jährigen Mutter groß einkaufen. Das ist dann wie bei Prince Charles und Queen Mum“, lacht der Sänger und Gitarrist, „wir suchen dann die bekannten Modetempel in Graz und shoppen zu einem festgelegten Budget. Die Mode im Mai 2020 war aber so grauslich, dass mich das richtiggehend wütend gemacht hat. Konnten die Mailänder Einkäufer nicht reisen? Hat die Pandemie die Mode zerstört? So wurde auch der Song dazu sehr wild und die Bedeutung franste selbstverständlich in einen breiter gefassten Zeitgeist-Kontext aus.“

Unbewusst pandemisch
Freilich, dem Zeitgeist darf man auch frönen, wenn man sich Trends verweigert. Das eine schließt das andere nicht aus. Wally nutzte den Lockdown schon sehr früh sehr produktiv. Er sieht sich durch die zahlreichen Übungsstunden heute als einen wesentlich besseren Gitarristen, die Kreativität sprudelte von Anfang an und wenn Finger und Stimme einmal Pause brauchten, dann ging es vor den Fernseher um „Ozark“ oder „Peaky Blinders“ zu bingewatchen. Letzterer Serie hat er mit „We’re Watching Peaky Blinders“ sogar eine Nummer gewidmet, die natürlich nicht als reine Verbeugung des hollywoodschen Schaffens zu erfassen ist. „Es geht mehr darum, dass die bessere Hälfte langsam schwerer atmet und neben dir wegdöst, während du selbst noch eifrig mitfieberst. Außerdem ist der Soundtrack dieser Serie fantastisch.“ Wally belächelte anfangs Künstler wie Elton John oder Paul McCartney, die reine Pandemiealben machten. „Aber jetzt schwingt das Pendel rüber zu mir. Je mehr ich über unser neues Album spreche, umso klarer wird mir, dass die Pandemie kräftige Auswirkungen darauf hatte.“

Wally führte sich die ganz banalen Dinge des Alltags vor Augen und wurde manchmal selbst von der Entschleunigung erschlagen. „Wenn man darauf wartet, dass in 30 Minuten endlich ,Knight Rider‘ beginnt, dann war es schon zu viel des Guten“, lacht er, „aber ansonsten war es eine fruchtbare Zeit.“ Statt im Grazer Stammcafé Lotte verbrachten die Bandmitglieder viel Zeit im Proberaum. Zum standesgemäßen Bier gab es dann Musik aus der mitgebrachten Bluetooth-Box. Jeder durfte seine Favoriten anwerfen. „Wir haben alle sehr viel über die Musikgeschmäcker der anderen gelernt, haben uns Songs angehört, die der eine oder andere vorher regelrecht gehasst hat. So stieg der Toleranzlevel und diese Vielseitigkeit hat sich auch auf ,Lick A Stone Kill A Fly‘ niedergeschlagen.“ Mitverantwortlich am feinen Sound ist ein Vintage-Gitarrenverstärker, den einst Jethro-Tull-Legende Martin Barre spielte. „Anfang der 2000er habe ich ihn in der Londoner Denmark Street gekauft, für ein paar Hundert Pfund“, erinnert sich der Sänger, „da mir der Verkäufer das erst nach dem Deal verriet, hat er mich sicher nicht angelogen. Vielleicht wabert ja der psychedelische Geist Barres auf diesem Album.“

Live in Österreich
Nach mehr als drei Dekaden im Musikgeschäft gelingt es Wally und seinen Mitstreitern noch immer mühelos, spannende und vielseitige Stromgitarrenmusik zu kreieren, die auch mit bewusster Überlänge frisch klingen. Damit lassen sich ein paar feine Livekonzerte spielen, die in den nächsten Tagen und Wochen geplant sind. "Wir haben unser Programm deutlich verjüngt und uns von ein paar alten Dinosauriern getrennt. Der Fokus liegt klar auf den drei letzten Alben. Geplante Konzert sind am 10. Februar im Rockhause Salzburg, am 11. Februar im Wiener Chelsea, am 12. Februar in der Stadtwerkstatt Linz, am 18. Februar im Marenzihaus Leibnitz, am 25. Februar in den Kammerlichtspielen Klagenfurt, am 5. März im Hartberger Rittersaal, am 11. März in der Red Box Mödling und am 12. März im Kino Ebensee. Alle weiteren Infos, Tickets und Covid-Bestimmungen gibt es unter www.the-base.at.

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