Die groben Pannen rund um den geplanten Start der Corona-Impfpflicht scheinen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nicht zu irritieren: Obwohl sie technisch wohl frühestens ab April durchführbar ist, will Nehammer am Zeitplan festhalten. Dass sie überhaupt kommt, „steht für mich außer Frage“, sagte er am Samstag. Sie sei notwendig, um neue Einschränkungen zu vermeiden. Am Freitag wurde beim Kanzler eine Corona-Infektion festgestellt, er hat aber keine Symptome: „Es geht mir gut“.
Das Gesundheitsportal ELGA - zuständig für die technische Abwicklung der Impfpflicht - hatte mit seiner Absage an eine fristgerechte Umsetzung am Freitag für erhebliche Irritationen gesorgt. Zum Impfpflicht-Gesetz würden die Klubobleute im Parlament gemeinsam mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) an einer „tragbaren Lösung“ arbeiten, bekräftigte Nehammer dazu im Ö1-„Mittagsjournal“. Zuvor hatte auch Mückstein betont, dass die Impfpflicht ab Februar komme - und ab dann auch kontrolliert werde. Laut Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wird man sich die Rückmeldungen zum Vorhaben genau anschauen, das Gesetz werde aber jedenfalls kommen.
Impfprämie „nicht das Wundermittel“
In ihrer Stellungnahme hatte die ELGA GmbH auch erneut die - zuerst von der SPÖ geforderten - Impfprämien ins Spiel gebracht: Die Verzögerung könne man „für ein finanzielles Anreizsystem mittels Gutscheinen nutzen“, schrieben die Verantwortlichen. Die vorgeschlagene Impfprämie habe aber „mehrere Fallstricke“, gab er zu Bedenken. Denn laut GECKO-Experten sorge ein reiner Geldanreiz nicht dafür, dass mehr geimpft wird. Das sehe man bei Unternehmen, die schon jetzt mit Prämien locken, wenn Mitarbeiter sich impfen lassen. Die Impfprämie sei „nicht das Wundermittel“, sagte Nehammer, ausschließen will er sie aber nicht.
Angesprochen auf die Durchseuchung durch Omikron, die laut GECKO-Leiterin Katharina Reich unvermeidlich ist, sagte Nehammer, dass man hier „differenzieren“ müsse. Denn die Omikron-Variante gebe ein Stück weit vor, wie das Corona-Management aussehe. Diese müsse man so anpassen, dass es nicht wieder zu einem Lockdown komme. Denn trotz solcher Einschränkungen würden etwa in den Niederlanden die Infektionszahlen wieder steigen. Um Omikron einzudämmen, müsste man „ganz radikal“ vorgehen und einen wirklichen Shutdown verhängen, „der dann für die Menschen mehr als belastend ist“, so der ÖVP-Politiker.
Bei PCR-Tests „Luft nach oben“
Die Schulen werden am Montag jedenfalls öffnen, die Infektionszahlen in der ersten Schulwoche sollen von Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) „intensiv beobachtet“ werden, sagte Nehammer. Das aktuelle Testkonzept des Bildungsministers sei ein sehr gutes, bei den österreichweiten PCR-Tests gebe es noch „Luft nach oben“ räumte der Kanzler ein. GECKO-Experte Rudolf Striedinger kümmere sich hier intensiv um den Ausbau.
Mehr Transparenz versprach der Bundeskanzler, was die GECKO-Beratungen betrifft. Es werde eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit und regelmäßige Berichte geben, um Gerüchte von Entscheidungen im „Hinterzimmer“ entgegenzutreten.
Opposition kritisiert „Realitätsverweigerung“
An Nehammers Ausführungen zu Corona-Maßnahmen ließ SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung kein gutes Haar. Der Kanzler „nimmt eine Durchseuchung der Bevölkerung in Kauf“, so Deutsch. Bei der Impfpflicht betreibe er „Realitätsverweigerung vor technischen Umsetzungsproblemen“. Deutsch sieht hier ein „altes ÖVP-Muster des Abschiebens an Verantwortung“. Auch FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz übte in einer Aussendung scharfe Kritik an Nehammer. Ihm seien die Einwände von ELGA sowie von Datenschützern „vollkommen egal“.
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