Konflikte drohen

Berlin und Paris haben jetzt Vorsitz bei G7 und EU

Ausland
02.01.2022 14:14

Der Streit um eine EU-Einstufung der Atomenergie als nachhaltige Übergangstechnologie im Kampf gegen den Klimawandel beschert Deutschland und seinem engsten Partner Frankreich gleich zu Beginn des Jahres 2022 einen handfesten Streit. Dabei wollen die Regierungen in Berlin und Paris ihre am 1. Jänner übernommenen Präsidentschaften bei G7 und der EU eigentlich in enger Abstimmung führen. Auch in der Finanz- und Außenpolitik gibt es Unstimmigkeiten.

Das hat auch Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betont, die für die Debatten im G7-Rahmen der wichtigsten westlichen Industrienationen auf eine „Präventions- und Transformationsagenda“ setzt. Aber es zeigen sich im Jahr der französischen Präsidentschaftswahl auch deutliche Differenzen in der Finanz-, Energie- und Außenpolitik.

Einig sind sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kanzler Olaf Scholz (SPD), dass die EU sich unabhängiger von Akteuren wie China, aber auch den USA machen soll. Beide dringen deshalb in der EU auf eine aktivere Industriepolitik gerade in Hightech-Bereichen. Dies beinhaltet die Forderung nach Ausnahmen von strikten EU-Beihilfe-Regeln für als strategisch angesehene Bereiche wie etwa die Chip-Produktion.

Macron will Lockerung der Schulden-Regeln
Differenzen in Sachen EU-Finanzpolitik etwa gibt es bei der Frage, ob genug Geld für Investitionen in Europa zur Verfügung steht. Macron drängt wie Italiens Ministerpräsident Mario Draghi auf eine Lockerung der Schulden-Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts, um mehr Kredite für Investitionen aufnehmen zu können. Scholz hält die derzeitige Flexibilität für ausreichend und verweist darauf, dass diese etwa den Einsatz von 750 Milliarden Euro im Rahmen des Corona-Wiederaufbaupakts erlaubt hat. 

Energiemix bleibt in der EU nationale Zuständigkeit
Ein Knackpunkt dürfte auch die Energiepolitik werden: Sowohl in der EU als auch bei G7 ist die Haltung der Staaten gegenüber Atomkraft und dem Einsatz des fossilen Energieträgers Gas unterschiedlich. Frankreich setzt sehr stark auf Atomenergie und versucht, dafür sowohl in der EU als auch im G7-Kreis Unterstützung zu mobilisieren. Die Ampel-Regierung lehnt dagegen den Einsatz der Atomenergie ab. Deutschland hatte aber in Brüssel auf die Nachhaltigkeits-Klassifizierung für Gas gedrängt. Scholz und Macron wissen um den Konflikt. Zur Spaltung wird dies nicht führen: Der Energiemix bleibt in der EU nationale Zuständigkeit.

Macron drängt auf aktivere Außenpolitik
Nicht nur im Russland-Ukraine-Konflikt nehmen Deutschland und Frankreich gemeinsame Positionen ein. Dies gilt auch für andere aktuelle Konfliktthemen wie das Atomabkommen mit dem Iran und im Prinzip auch die Stabilisierung der Sahel-Zone. Macron befürwortet allerdings eine aktivere Außenpolitik mit einer militärischen Komponente und dringt dazu auf einen stärkeren deutschen Beitrag. Seit Jahren kritisiert Frankreich zudem eine restriktive deutsche Haltung bei Rüstungsexporten, die industrielle militärische Gemeinschaftsprojekte behindere. In Berlin wird bei diesem Aspekt gebremst - zumal der Einsatz der Bundeswehr im Ausland vom Bundestag abgesegnet werden muss.

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