Eisige Kälte und Schneefall - für obdachlose Menschen beginnt jetzt die herausforderndste Zeit des Jahres. Die „Krone“ hat die Streetworker im Caritas-Kältebus für eine Nacht begleitet.
Exakt minus 1 Grad zeigt die Temperaturanzeige auf dem Smartphone, als sich die „Engel der Nacht“ langsam dem ersten Zelt nähern. Gefühlt ist es hier draußen jedoch viel kälter.
„Hallo? Ist da jemand? Wir sind von der Caritas!“, hallt es über die menschenleere Wiese auf der Donauinsel, unweit der S-Bahn-Brücke. Als sich niemand meldet, öffnet Susi Peter (51), Leiterin des Caritas-Kältetelefons, vorsichtig das Zelt, das bereits von Eiskristallen bedeckt ist. Sie rechnet mit dem Schlimmsten, doch es ist leer.
Die Freizeitoase der Wiener ist auch im Winter ein Schlafplatz für Menschen, die auf der Straße leben. Nicht alle Schlafplätze sind der Caritas bekannt. Daher ist es notwendig, dass diese versteckten Orte - so wie hier - mitgeteilt werden. Gerade jetzt ist es lebensgefährlich, draußen zu übernachten. Die Streetwork-Teams sind deshalb seit Anfang November täglich im Einsatz, um all jene zu erreichen, die den Weg nicht in die Notquartiere finden. Sie helfen dabei, Schlafplätze zu finden oder aber Schlafsäcke zu verteilen.
Wir müssen alles versuchen, damit auch heuer kein Mensch auf der Straße erfriert!
Klaus Schwertner, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien
Ein Anruf, der Leben retten kann
Pro Tag sind es um die 70 Anrufe mit lebenswichtigen Hinweisen, die das Kältetelefon erreichen. „Wir müssen alles versuchen, damit auch heuer kein Mensch auf der Straße erfriert!“, appelliert Klaus Schwertner, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien.
Gabriel baut jeden Tag an seinem „Zuhause“
Dann treffen wir auf Gabriel. Er ist 35 Jahre alt, gebürtiger Ungar und vor eineinhalb Jahren nach Wien gekommen. Er freut sich über den mitgebrachten heißen Tee und plaudert darauflos. Stolz zeigt er uns sein „Zuhause“, das er sich unter einer belebten Stadtautobahnbrücke selbst gebaut hat und an dem er jeden Tag weiterarbeitet.
Die Polizei hat mir diese Decke geschenkt, weil mir so schrecklich kalt ist.
Obdachloser, dem durch einen Anruf beim Kältetelfon geholfen wurde.
Ortswechsel. Unterwegs kommen drei Meldungen herein: obdachloser Mann beim Bahnhof Floridsdorf entdeckt. Als wir eintreffen, sitzt er eingehüllt in eine dünne Decke und zitternd am ganzen Körper dort. „Die Polizei hat mir diese Decke geschenkt, weil mir so schrecklich kalt ist“, wiederholt er immer wieder. Jetzt muss es schnell gehen. Nach einem kurzen Telefonat mit der Gruft wird klar, dass er dort einen warmen Schlafplatz in einem Bett bekommt.
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