"Geht ihm nicht gut"

Großes Fest zu Hawelkas 100er – nur er selbst fehlte

Wien
11.04.2011 14:18
Rathausmann, Sonderbriefmarke, Prominenz aus Politik und Kultur: Viele Gäste mit teils ehrwürdigen Geschenken haben sich am Montagvormittag im berühmten Café Hawelka in der Wiener Innenstadt eingefunden, um Kaffeehauslegende Leopold Hawelka zu seinem 100. Geburtstag (Montag) zu gratulieren. Allein der Jubilar blieb dem Fest fern - aus gesundheitlichen Gründen, wie Enkel Michael sagte.

Für die Sause wurde allerlei Aufwand betrieben. Im Inneren des heillos überfüllten Cafés fidelte eine vierköpfige Philharmoniker-Abordnung, teils gesanglich begleitet von den Roth-Zwillingen. Videoclips wurden eingespielt, mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten, in deren Biografie das Hawelka zumindest eine Nebenrolle spielt(e), folgten der Einladung. Für das Geburtstagskind wurde gar ein Red Carpet ausgerollt - jedoch: Leopold Hawelka ließ sich überraschend entschuldigen. "Es geht ihm heute nicht sehr gut", bedauerte Michael.

Café Hawelka ideal zum Schuleschwänzen
Folglich nahmen Sohn Günter und die beiden Enkel und nunmehrigen Geschäftsführer Michael und Amir den "Goldener Rathausmann" stellvertretend für ihren (Groß-)Vater von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) - der wiederum in Vertretung von Bürgermeister Michael Häupl (SP) die Verleihung vornahm - entgegen. Die Auszeichnung symbolisiere das kreative und wehrhafte Bürgertum und das Café Hawelka sei stets ein Treffpunkt kritischer Geister gewesen. "Ich habe hier Schule geschwänzt und mich von meinem Mathematikprofessor versteckt, der auch hier Stammgast war", erinnerte sich der Ressortchef.

Sonderbriefmarke angefertigt
Auch die Post machte dem Jubilar ein Spezialgeschenk. Ab sofort ist in ausgewählten Filialen eine Hawelka-Sonderbriefmarke mit einer Auflage von über 180.000 Stück und im Versandwert von 62 Cent erhältlich. Sie zeigt das Entree des Cafes sowie eine gefüllte Kaffeetasse samt Wasserglas. Die Wiener Wirtschaftskammer gratulierte mit "goldener Kammermedaille" und "goldener Kaffeekanne" sowie einer großen Geburtstagstorte. Bundespräsident Heinz Fischer, der erst am Dienstag seinen Besuch abstatten wird, übermittelte schriftlich seine Glückwünsche und dankte Hawelka "für seinen unermüdlichen Einsatz zur Erhaltung der Wiener Kaffeehauskultur".

Andere ließen es sich nicht nehmen, persönlich auf Kaffee und Buchteln bzw. Sekt und Brötchen vorbeizuschauen. Joesi Prokopetz etwa, Kabarettist und früherer Ambros-Co-Texter, war jahrelang Stammgast im damals noch verrauchten Cafe: "Wir hatten einen eigenen Platz beim Häusl." Mit der Zeit sei der Künstlertreff allerdings zunehmend von "Schulstanglern" und "jungen Schnöseln" aufgesucht worden. Und seit dem Rauchverbot sei die Institution sowieso zur "Gruft" und zum "Denkmal" verkommen: "Das ist wie ein Schwimmbad, in dem man nicht schwimmen darf", raunzte Prokopetz.

Das weniger als 100 Quadratmeter große Lokal mit Wohnzimmercharme sowie sein Gründer wurden auch mit Gottes Segen bedacht - in Gestalt von Dompfarrer Toni Faber. "Meine Gebete erreichen ihn hoffentlich trotzdem", bedauerte der kirchliche Adabei die Abwesenheit des Geburtstagskindes. Da das Cafe nicht weit vom Stephansdom gelegen ist, komme er immer wieder her, um Zeitung zu lesen oder generell die Wiener Gemütlichkeit zu erfahren, so Faber.

Rudi Dolezal freut sich schon auf Hawelkas 110. Geburtstag
Rudi Dolezal, der die heimische und internationale Popkultur seit Jahrzehnten filmisch begleitet, drehte auch im Hawelka. Mit seinen Arbeiten habe er etwas von jener Zeit festgehalten, als Maler und Dichter ob notorischen Geldmangels noch mit Bildern oder Gedichten bezahlten: "Das Hawelka ist auch ein gutes Beispiel dafür, was das Kaffeehaus alles kann." Stars wie Freddie Mercury oder Frank Zappa seien bei ihren Wien-Besuchen stets begeistert gewesen, versicherte er. Deshalb: "Wenn ich die Stadt Wien wäre, würde ich das Hawelka mit Geld überschütten", damit es mindestens noch 200 Jahre bestehenbleiben könne, appellierte Dolezal an die Politik - und er zeigte sich überzeugt: "Heute in zehn Jahren feiern wir den 110. Geburtstag von Leopold Hawelka."

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