„Moment Mal“

„Klimakrise kann enorm viel Migration auslösen“

Ausland
12.11.2021 18:49

Über die vergangenen zwei Wochen haben sich Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt in Glasgow in Schottland für die 26. UN-Klimakonferenz zusammengefunden. Viele sind nicht gerade klimafreundlich mit dem Privatjet an- oder abgereist, was für hochgezogene Augenbrauen sorgte. Sind diese Konferenzen nur Show und heiße Luft, was machen die Teilnehmer dort den ganzen Tag - und brauchen wir sie überhaupt? Yannick Shetty, Nationalratsabgeordneter für die NEOS, und Johannes Stangl, Aktivist bei Fridays for Future, waren beide vor Ort, und meinen bei „Moment Mal“ im Gespräch mit Damita Pressl: Ja, es braucht Klimakonferenzen, aber sie sind nicht genug.

Im Privatjet zur Klimakonferenz? „Das ist ein Nebenschauplatz und macht das Kraut nicht fett“, sagt Shetty. „Mich hat die Debatte irritiert.“ Stangl pflichtet ihm bei: „Natürlich macht das eine schiefe Optik“, aber es sei falsch, ständig nur den Einzelnen in die Pflicht zu nehmen: „Die Menschen können alle mit dem Flugzeug anreisen, wenn sie in den Verhandlungen dafür sorgen, dass wir in Zukunft ein nachhaltiges Verkehrssystem haben.“ Shetty und Stangl selbst sind aber mit dem Zug nach Glasgow gereist, um zu zeigen, wie mangelhaft das europäische Schienennetz noch ist.

Besser mit Konferenzen als ohne
Hauptthema sind natürlich nicht die Verkehrsmittel zur Anreise, sondern die CO2-Emissionen. Die wachsen allerdings seit 1995, dem Jahr der ersten Weltklimakonferenz, exponentiell weiter. Bleibt also die Frage: Bringt das alles etwas? „Die Kritik ist berechtigt“, sagt Shetty. „Aber man darf nicht vergessen: Hier nehmen über 190 Staaten teil. Wir wissen, wie schwierig es ist, alleine in Europa einen Konsens zu finden. Man kann schon zugestehen, dass das nicht so einfach ist. Aber natürlich dürfen wir uns nicht auf die Klimakonferenzen verlassen.“ Wichtig sei, dass die Nationalstaaten die Beschlüsse der Konferenzen auch in ihre Gesetzgebung einfließen lassen, und da wäre mehr Mut gefordert. Aber „ohne die Klimakonferenzen würden wir sicher schlechter dastehen“, vermutet Stangl.

Die großen Schlagzeilen im Zuge der Konferenz waren die Übereinkünfte verschiedener Staaten zum Aus von Verbrennungsmotoren, von Abholzung und zur Methanreduktion. Diese seien aber eher nebensächlich, erklärt Stangl: „Das ist nicht Kern der Verhandlungsmaterie. Diese Versprechungen werden am Rande der Konferenz gemacht, vor allem, um gute Schlagzeilen zu produzieren.“ Die für die Verhandlungen wirklich zentrale Frage: Welche Staaten dürfen wie viel Treibhausgase ausstoßen und was passiert, wenn diese Ziele verfehlt werden?

„Haben ein Interesse an Klimasolidarität“
All das, um bis 2030 die weltweiten Treibhausgasemissionen zu halbieren und bis 2050 klimaneutral zu werden. Denn nur so gibt es eine Chance, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ab diesem Kipppunkt, so warnen Klimaforscher, wären die Folgen für den Planeten unvorhersehbar und katastrophal. Der Westen, so argumentieren Shetty und Stangl, hat hier eine historisch größere Verantwortung: „Die reichsten Staaten der Erde haben über Jahrzehnte und Jahrhunderte am meisten von den fossilen Emissionen profitiert. Die Staaten im globalen Süden hingegen werden am meisten von den Folgen heimgesucht.“ Diese Staaten nun finanziell bei der Bewältigung der Klimakrise zu unterstützen, so Shetty, sei „auch aus egoistischer Sicht für den Westen sehr wichtig. Wenn wir das nicht tun, wird das extremen Einfluss auf Europa haben: Viele haben nicht vor Augen, welche Migrationsbewegungen die Klimakrise auslösen kann. Wir haben ein Interesse daran, damit sich nicht Millionen Menschen auf den Weg machen.“

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