Weg vom kobaltblauen Wohnhaus und dem dahinter liegenden Atelier im ehemaligen Kuhstall, hin zu der weiten Wiese, wo Rainer Wulz nur mit Stein arbeitet. Wenn der Winter ins Land zieht, wird er das Firmengelände mit dem Wald vertauschen, um sich dem Holz zuzuwenden.
Doch noch gleitet seine Hand prüfend über den mächtigen, graugrünen Serpentin mit seiner wunderbaren Äderung, der sich seit Monaten in den präzise geplanten, streng ausgeführten Formungswillen des 52-Jährigen fügt und so glatt und „weich“ geschliffen ist, dass man über Samt zu streichen vermeint.
Aufenthaltsort unter freiem Himmel
Von Frühling bis Herbst ist dieser Steinarbeitsplatz, den ihm „Globo“-Inhaber Franz Petschnig „als wichtigster Auftraggeber“ zur Verfügung stellt, zentraler Aufenthaltsort unter freiem Himmel. Wenn es dann kalt wird, die Blätter fallen und das Wasser gefriert, „das nicht nur Steinsägen brauchen“, steigt Wulz auf den Kapellenberg zu seiner Hütte, um Natur pur zu atmen und sich ganz dem Holz hinzugeben.
Holz wächst relativ schnell aus sich heraus, Steine sind Milliarden Jahre alt, und es gibt sie nicht nur auf der Erde. Für mich ist Stein etwas Zeitloses, Überirdisches.
Künstler Rainer Wulz
„Beide Werkstoffe haben ganz andere Entstehungsprozesse“, erzählt Wulz, während sein Blick nach innen gleitet - in jene leuchtende Leere, die aus Buddhismus und der Reduziertheit japanischer Gärten schöpft und nach der Essenz des Wesentlichen dürstet.
Nahtstellen und Bruchlinien
An Nahtstellen und auf Bruchlinien - zwischen außen und innen, zwischen dem Lärm des Entstehungsprozesses und der Stille des fertigen Objekts, siedelt der Wulzsche Skulpturenkosmos. Und immer ist es das Gefäß als ultimative Materialisierung philosophischer Verdichtung, das über die Hülle trennt wie verbindet und nach Leichtigkeit, Auflösung, beseelter Leere und klingender Stille verlangt wie der Geist des Erschaffers, der darin Anfang und Ende vereint.
Eine Nacht auf der Hütte
„Im ersten Lockdown, habe ich mit meinem 10-jährigen Sohn Paul eine Nacht auf der Hütte verbracht. Kein Flugzeug war am Himmel zu sehen, kein Auto zu hören. Nur das Flüstern der Nacht war um uns. Ein wunderbares Erlebnis“, erinnert sich Wulz und verweist im selben Atemzug auf jene 2020 entstandenen Arbeiten, die soeben in der Klagenfurter Galerie M zu sehen waren.
Spiel mit Innen- und Außenraum
Wie strukturierte Nester oder Waben wirken die aus Papiermaché (oder genauer gesagt, aus Methylcellulose) gebauten Behausungen, die sich zwischen und aus dem Dreieck der Holzrahmen erheben. Und auch hier ist es das Spiel mit Innen- und Außenraum, mit Durchsicht und Einsicht, das Formen wie Gedanken durchdringt und auf die Ebene unbewusster Emotion bettet, wo jeder Ton, auf feinere Saiten gespannt, eine Melodie erzählt.
Denn letztendlich ist bei Rainer Wulz alles leise gesagt. Und wer seines Herzens Ohr neigt, wird alles verstehen...
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