Vieles wird teurer

Auto, Fliegen, Heizen: Klimapaket verändert Alltag

Politik
17.07.2021 06:00

Autofahren, Fliegen, Heizen - das jüngst von der EU-Kommission präsentierte Klimapaket bekommen praktisch alle EU-Bürger im Geldbörsel zu spüren. Um die Klimaziele zu erreichen, muss Österreich einen Zahn zulegen.

  • Wofür braucht es das Klimapaket „Fit for 55“?
  • Mit der Umsetzung des Pakets sollen der menschengemachte Klimawandel und dessen Folgen aufgehalten werden. Durch die Maßnahmen soll das EU-Ziel, bis 2030 55 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 einzusparen, erreicht werden. Ab 2050 soll gar kein CO2 mehr in die Atmosphäre geblasen werden.
  • Welchen Beitrag muss Österreich leisten, um dieses Ziel zu erreichen?
    Eines vorweg: Alle Mitgliedsstaaten müssen ihre Klimaziele nach oben schrauben. Österreich soll seinen CO2-Ausstoß bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 48 Prozent reduzieren. Bislang war ein Minus von 36 Prozent geplant. Das heißt, Österreich muss einen Zahn zulegen.
  • Muss Österreich jetzt mehr leisten als andere Mitgliedsstaaten?
    Die Reduktionsziele unter den Mitgliedsstaaten fallen unterschiedlich hoch aus. Österreich liegt mit minus 48 Prozent über dem EU-Schnitt von minus 40 Prozent. Während andere Länder ihren Ausstoß schon in der Vergangenheit deutlich reduziert haben, haben sich die CO2-Emissionen hierzulande zwischen 1990 und 2018 kaum verändert.
  • Wer wird das Klimapaket im Geldbörserl spüren?
    Das Paket werden alle EU-Bürger im Geldbörserl spüren. Die Maßnahmen haben höhere Kosten für das Heizen mit Kohle, Gas und Öl zur Folge. Auch ein Preisaufschlag für Sprit, der Autofahren teurer macht, ist geplant. Innereuropäische Flüge und Kreuzfahrten würden durch neue Energiesteuern mehr kosten.
  • Wie sollen soziale Härten abgefedert werden?
    Um Menschen mit niedrigen Einkommen mit steigenden Energie- und Transportkosten nicht alleine zu lassen, soll es einen von der EU-Kommission vorgeschlagenen Klimasozialfonds geben, der soziale Härten ausgleicht. Das Geld aus diesem Fonds soll aber nicht direkt an betroffene Bürger gehen, sondern den Regierungen der Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt werden. Diese könnten damit zum Beispiel die Kosten für den öffentlichen Verkehr senken.
  • Wie viel Geld wird Österreich aus diesem Fonds bekommen?
    Insgesamt sollen aus dem Fonds 72 Milliarden Euro zwischen 2025 und 2032 an die Mitgliedsstaaten fließen. Österreich soll daraus 644 Millionen Euro erhalten.
  • Ist die Umsetzung des EU-Klimapakets schon in Stein gemeißelt?
    Das Paket ist längst keine beschlossene Sache. Der Vorschlag der EU-Kommission muss erst vom EU-Parlament und dem EU-Rat, dem Gremium der Staats- und Regierungschefs, abgesegnet werden. Experten rechnen mit zähen Verhandlungen, die weit länger als ein Jahr dauern werden.
  • Steht Österreich hinter dem EU-Klimapaket?
    Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat eine rasche Umsetzung versichert. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte indes, dass die Vorschläge der EU-Kommission „nun sorgfältig zu prüfen“ seien und sichergestellt werden müsse, „dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und der Industrie gewahrt bleibt“. Das fordert auch die Industrie.
  • Hat Österreich teils auch ambitionierte Klimaziele als die EU-Kommission?
    Österreich will nicht erst bis 2050, sondern schon bis 2040 klimaneutral werden. Darauf hat sich die türkis-grüne Regierung in ihrem Koalitionspakt geeinigt. Um dieses Ziel zu erreichen, will Gewessler zuallererst beim Verkehr, der hierzulande 30 Prozent der CO2-Emissionen ausmacht, ansetzen. Während der Vorschlag der EU-Kommission vorsieht, dass in der EU erst ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden sollen, soll es laut Mobilitätsplan, der am Freitag von Gewessler präsentiert wurde, hierzulande schon 2030 soweit sein.

EU-Klimapaket: Die Maßnahmen

Mit dem von der EU-Kommission diese Woche präsentierten Klimapaket „Fit for 55“ soll das Erreichen der EU-Klimaziele - bis 2030 55 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 einzusparen und bis 2050 gar kein CO2 mehr auszustoßen - sichergestellt werden.

Im Kern sehen die Maßnahmen vor, den Verbrauch von fossilen Energieträgern weiter zu verteuern. Geplant ist ein eigenes Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr, das CO2-Emissionen teurer macht. Bürger müssten deshalb mit erhöhten Kosten für das Heizen mit Kohle, Gas und Öl rechnen. Ein Preisaufschlag für Sprit würde die Nutzung von Benzin- und Diesel-Fahrzeugen teurer machen. Außerdem würden innereuropäische Flüge und Kreuzfahrten durch neue Energiesteuern mehr kosten.

Der Autoindustrie sollen zudem ein weiteres Mal strengere CO2-Grenzwerte auferlegt werden. Konkret sollen die CO2-Emissionen von Neuwagen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken. Ab 2035 sollen innerhalb der EU dann nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden. Benzin- und Diesel-Fahrzeuge wären damit endgültig Geschichte.

„Die Menschen ins Boot holen“
Es sei klar, dass auf ambitionierte Ziele konkrete Maßnahmen folgen müssen, sagt Heike Lehner vom Thinktank Agenda Austria. „Die Verstärkung der Bemühungen bedeutet auch für Österreich höhere Einsparungsziele. Einige Sektoren wie Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft fallen in die Aufsicht der nationalen Regierungen. Aktuell generieren diese Bereiche rund 60 Prozent aller Treibhausgase in der EU. Dieser Betrag muss bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 2005 reduziert werden.“

Man sehe, sagt die Ökonomin, dass Österreich um 48 Prozent reduzieren müsse. „Was wir skeptisch sehen, sind Verbote von Verbrennungsmotoren. Das widerspricht der Technologieoffenheit. Es gibt schon so viele Bepreisungsmechanismen, ein Verbot könnte Kosten noch erhöhen.“ Zudem werde der bürokratische Aufwand von Importeuren beim Melden von CO2-Werten enorm.

Heike Lehner: „Um die Klimaziele zu erreichen, wird es definitiv teurer für die Bevölkerung. Man braucht Akzeptanz und muss die Menschen ins Boot holen. Der Rückerstattungsmodus muss transparent sein, damit die Leute sehen: Okay, ich bekomme Geld zurück.“ Doch werden alle mitmachen? „Die Länder haben sich verpflichtet. Aber es wird Probleme geben. Etwa in Polen, wo es viele Kohlekraftwerke gibt. Aber der Ausgleichsfonds sagt, dass ärmere Staaten mehr bekommen.“

Sandra Schieder
Sandra Schieder
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