Initiative abgelehnt
Schweizer wollen ihre Gewehre nicht abgeben
Die Initiative, für die neben linken Gruppierungen auch kirchliche Organisationen, Friedens- und Frauenorganisationen sowie der Ärzteverband eingetreten waren, hatte neben einer Verschärfung des Waffenerwerbs auch ein Ende der sogenannten "Volksbewaffnung" gefordert. Dabei nehmen Soldaten während ihrer Dienstzeit neben der Uniform auch das Sturmgewehr oder die Armee-Pistole mit nach Hause - eine seit 1874 bestehende Tradition. Nach Ablauf der Dienstzeit können die Soldaten die Waffen dann behalten. Zudem erlaubt das Schweizer Waffengesetz unter bestimmten Bedingungen jedem ab 18 Jahren den Besitz einer Waffe.
Nach Ansicht von Meinungsforschern haben es die Befürworter nicht geschafft, eine Mehrheit von ihren Sicherheitsbedenken zu überzeugen. "Es gibt eine kräftige konservative Grundstimmung", sagte Claude Longchamp vom Berner Meinungsforschungsinstitut GfS. "Das Schweizer Volk lässt sich nicht so einfach entwaffnen. Die Schweizer Werte werden in diesem Land hochgehalten," sagte der christdemokratische Parlamentarier Jakob Büchler, einer der Wortführer der Gegner der Initiative, zum Ausgang der Abstimmung.
Ablehnung auf dem Land besonders groß
Insbesondere auf dem Land wurde die Volksinitiative zum "Schutz vor Waffengewalt" mit teilweise über 70 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt. "Es ist uns nicht gelungen, das Land ähnlich stark wie die Städte zu mobilisieren", sagte Joe Lang, Grüner Politiker und ein prominenter Befürworter der Initiative. Für die Waffeninitiative sprach sich neben den großen Städten wie Basel und Genf vor allem die französischsprachige Westschweiz aus.
Die Initiatoren wollten mit dem Referendum auch ein Zeichen gegen häusliche Gewalt und Selbstmorde durch Schusswaffen setzen. Ihren Angaben zufolge ist die Rate an Selbstmorden, die mit Schusswaffen verübt werden, in der Schweiz dreimal so hoch wie im Rest von Europa. Sie schlugen die Aufbewahrung von Militärwaffen in Zeughäusern, ein zentrales Waffenregister sowie Bedarfs- und Fähigkeitsnachweise für den Waffenbesitz vor.
Tradition währt bereits seit dem 19. Jahrhundert
Der Volksentscheid war im Vorfeld von zahlreichen Debatten begleitet worden. Der Brauch, die Waffe als Teil der persönlichen Ausrüstung mit nach Hause zu nehmen, ist eng mit dem Milizgedanken verknüpft, der bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Aufgrund des Milizsystems hat die Eidgenossenschaft zumindest auf dem Papier eine der größten Armeen Europas. Schweizer Männer leisten ihren Wehrdienst in wochenweisen Blöcken über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren ab.
Die Gegner der Initiative hatten die Abstimmung daher auch zu einem Votum über das Milizsystem erklärt. Sie argumentierten, dass eine Verschärfung des Waffenrechts Gewalttaten nicht verhindern werde. Die Regierung verwies im Vorfeld der Abstimmung darauf, dass bereits heute die Munition in den Kasernen verbleiben muss.
Reihe tödlicher Zwischenfälle gab Abschaffungs-Impuls
Angesichts einer Reihe tödlicher Zwischenfälle mit Armeewaffen in den letzten Jahren und spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges war die bisherige Praxis in jüngster Zeit zunehmend infragegestellt worden. Selbst Gegner der Initiative halten das Sturmgewehr im heimischen Kleiderschrank für militärisch nicht begründbar. Munition gibt die Armee den Soldaten schon seit einigen Jahren nicht mehr mit.
In der Schweiz sterben jährlich rund 300 Menschen durch Schusswaffen, so viele wie in keinem anderen europäischen Land. Laut amtlichen Angaben befinden sich rund zwei Millionen Schusswaffen im Umlauf, rund die Hälfte davon aus Armeebeständen.
Die Schweizer Armee besteht aus 200.000 Soldaten, Tausende davon sind Reservisten. Zahlen des Verteidigungsministeriums zufolge kommen auf gut sieben Millionen Schweizer zwei Millionen Feuerwaffen. Weitere 240.000 Waffen sind nicht registriert.
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