Bilanz aus Krise:

„Es wird im Tourismus fast nur Verlierer geben“

Wirtschaft
29.03.2021 06:10

Strenge Reisebeschränkungen, leere Hotels und Kurzarbeit: Der österreichische Tourismus bekommt die Auswirkungen des Coronavirus schwer zu spüren. Wie ging es der Branche bisher und was wird sich ändern? Die krone.tv-Reportage „Tourismus und Corona - eine Branche zieht Bilanz“ gibt Einblicke, wie es Tourismusunternehmen bisher ergangen ist und wie sie in die Zukunft blicken.

Manche Tage merkt man sich ein Leben lang: Für Peter Buocz, Direktor der Schick-Hotels Wien, war der 15. März 2020 so ein Tag. „An diesem Tag, das weiß ich noch genau, haben wir vier von fünf Hotels geschlossen.“ Das Stefanie, das auch als ältestes Hotel Wiens bekannt ist, habe man offen gelassen. „Das war noch nie geschlossen außer im Zweiten Weltkrieg. Das war undenkbar. Aber schon vier Tage später mussten wir es schließen, weil wir nur noch einen Gast hatten. Das war der Horror. Das möchte ich nie wieder erleben müssen.“

Personal wandert in andere Branchen ab
Der österreichische Tourismus hat sich in den vergangenen Jahren an die gestiegene Nachfrage angepasst. Dann kam Corona und in den Städten, die sich normalerweise nicht vor Touristen retten können, herrschte plötzlich gähnende Leere. Von 100 auf 0 in wenigen Wochen. „Wir waren schon fast beim anderen Problem: Overtourism“, sagt Charles Sperl, Fremdenführer in Wien. Man habe bereits Lösungen gesucht, wie man mit der steigenden Nachfrage umgeht. Inzwischen werde die Situation aber bedrohlich. „Wir haben zum Beispiel Fremdenführer, die nur chinesischsprachig führen. Die haben sich jetzt andere Jobs gesucht und die werden dann natürlich fehlen, wenn es wieder losgehen wird.“

Auch bei der Falkensteiner-Gruppe hat man große Sorge, dass gute Mitarbeiter in andere Branchen abwandern, erzählt der Chef des österreichischen Tourismusunternehmens, Otmar Michaeler. „Weil die Perspektive, wann es losgeht, schon noch fehlt. Die Leute wollen endlich wieder arbeiten.“

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So einen Sommer brauchen wir uns nicht mehr wünschen.

Otmar Michaeler, CEO Falkensteiner Hotels & Residences

Auch wenn der Sommer im Vorjahr für manche Tourismusregionen in Österreich Erleichterung brachte: „So einen Sommer brauchen wir uns nicht mehr wünschen“, sagt Michaeler. „Es hat Häuser gegeben, wo wir wirklich gut gearbeitet haben, ein Beispiel war Schlosshotel Velden - das war sicherlich ein Gewinner im Sommer.“ Es habe aber auch Betriebe und Regionen gegeben, wo der Sommer eine Katastrophe war. Wie in jeder Krise gebe es auch im Tourismus Gewinner und Verlierer. „Eines ist aber ganz eindeutig: Es wird im Tourismus in dieser Covid-Krise ganz, ganz wenige Gewinner geben, sondern fast nur Verlierer.“

Corona hat die Menschen weiterhin im Griff - auch bei der Urlaubsplanung. Die Unsicherheit durch die Pandemie ist groß - einen Sommerurlaub buchen, das traut sich jetzt kaum jemand. „Das große Thema, das wir momentan bräuchten, ist, wann gibt es ein fixes Öffnungsdatum? Also wir sind auch überzeugt, wenn die Österreicher und Österreicherinnen morgen wissen, ab 19. Mai dürfen wir alle in Urlaub gehen, dann geht sicherlich hier ein Schub durch die Decke.“

Chancen nach der Krise
„Ich glaube, dass der Tourismus in Österreich einen ganz, ganz wichtigen Stellenwert hat, das hat die Pandemie auch gezeigt. Wie viele Menschen auch unmittelbar von Gastronomie und Tourismus leben - über 300.000. Dazu die Lieferanten, die auch im Tourismus tätig sind. Da sieht man, wie wichtig diese Branche in Österreich ist“, sagt Hotel-Chef Buocz. „Trotzdem hat es die Entwicklungen genommen - und da komme ich jetzt trotzdem auf Ischgl zurück -, wo man da nur noch den schnöden Mammon sieht, man die Bevölkerung nicht mit einbezogen hat, ob die das überhaupt so will.“ Der Massentourismus trage auch zum Klimawandel bei. „Ich glaube, es ist für uns ganz wichtig, zu schauen, dass wir nach Corona daraus lernen und einen anderen Weg einschlagen“, so Buocz.

„Jugend sieht, dass man nicht immer weit verreisen muss“
Wird der Tourismus nach Corona anders sein als davor? Der Falkensteiner-Chef glaubt nicht an eine dramatische Veränderung. „Es ist eine Weiterentwicklung, wie es auch die letzten Jahre stattgefunden hat.“ Kurzfristig gesehen werde der Tourismus aber regionaler. Eine Chance für den Tourismus sei, dass die jüngere Generation zuletzt vermehrt die Aktivität im Alpenraum kennenlernen durfte. „Also auch die Jugend sieht, man muss nicht immer weit verreisen, sondern es gibt auch bei uns viele Möglichkeiten. Man kann auch bei uns einen tollen Urlaub verbringen.“

Irene Knoblechner
Irene Knoblechner
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