6 Monate Proteste
Weißrussland: Polizei drangsaliert sogar Kinder
Seit einem halben Jahr kämpft die Demokratiebewegung in Weißrussland gegen Machthaber Alexander Lukaschenko, dem sie massiven Wahlbetrug bei der Präsidentenwahl vom 9. August 2020 vorwirft. Von den Massendemonstrationen ist wenig übriggeblieben, es gibt nur noch kleinere Proteste, viele junge Leute haben dem Land resigniert den Rücken gekehrt. Lukaschenkos Behörden gehen indes weiter hart gegen die Demokratiebewegung vor - und schrecken auch nicht davor zurück, Kinder ins Gefängnis zu stecken.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert, dass die weißrussischen Behörden beim Vorgehen gegen die Demokratiebewegung auch Kinder ins Visier nehmen würden. „Einigen Kindern drohen jahrelange Gefängnisstrafen, andere leben in Angst, dass ihre Eltern ins Gefängnis müssen oder sie selbst in staatlichen Heimen untergebracht werden“, berichtete Amnesty am Montag in einer Aussendung.
Amnesty: Kinder sind „Geiseln der Regierung“
Recherchen der NGO würden zeigen, wie die Behörden in Weißrussland (Belarus) mit Drohungen, Schikane und Strafverfolgung von Minderjährigen versuchen würden, abweichende Meinungen im Land zu unterdrücken. „Achtjährige Kinder werden in den Schulen mit Vergeltungsmaßnahmen gegen ihre Eltern bedroht. Eine der perfidesten Formen der Schikane und Einschüchterung ist die Drohung, das belarussische Recht zu nutzen, um Kinder aus ihren Familien zu holen und in staatliche Obhut zu geben - dies macht sie de facto zu Geiseln der Regierung“, so Aisha Jung von Amnesty. Einige Minderjährige seien selbst willkürlich in Haft und mit konstruierten Anklagen konfrontiert - wie die Erwachsenen, berichtete die Menschenrechtsorganisation.
Tausende verlassen das Land
Am Dienstag ist es genau sechs Monate her, dass die Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko in dem autoritär regierten Weißrussland begannen. Obwohl ihn die EU nicht mehr als Präsidenten des osteuropäischen Landes anerkennt, Sanktionen verhängt hat und monatelang Tausende Menschen gegen „Europas letzten Diktator“ auf die Straßen gegangen sind, sitzt Lukaschenko weiter fest im Sattel. Er hält sich mit Polizeigewalt und mithilfe der Staatsmedien an der Macht. Eingeschüchtert durch mehr als 30.000 Festnahmen, Hunderten Verletzten und mehreren Toten bei den Protesten haben viele Menschen das Land verlassen, darunter auch viele Hochqualifizierte wie Ärzte und IT-Experten.
Tichanowskaja hofft im Exil auf Wandel
Die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die als Siegerin der Wahl im August gesehen wird, hofft in ihrem Exil in der EU dennoch in diesem Jahr auf einen Sieg der Revolution. Kurz nach der Wahl hat die 38-Jährige das Land Richtung Litauen verlassen. Im Ausland hat Tichanowskaja den Koordinierungsrat für einen friedlichen Machtübergang gebildet - eine Art Exilregierung. Die EU hat Millionenbeträge für die Unterstützung der Demokratiebewegung bereitgestellt. Experten sehen aber momentan schlechte Chancen für einen Machtwechsel - Lukaschenko geht gezielt gegen seine Gegner vor und hat viele prominente Oppositionelle ins Gefängnis stecken lassen.
Solidarität mit Demokratiebewegung
Ganz erlahmt sind die Proteste gegen Lukaschenko aber nicht. Am Sonntag, der zum Internationalen Tag der Solidarität mit der Demokratiebewegung in Weißrussland erklärt worden war, gab es weltweit Zeichen der Unterstützung für die Opposition.
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