17-Jährige gibt zu:

„Ich hatte immer weniger Respekt vor Drogen“

Tirol
20.12.2020 12:00
Erneut hat die „Tiroler Krone“ der Hilfeschrei einer Familie ereilt, deren 17-jährige Tochter in den Teufelskreis der Drogen hineingeraten ist. Unverblümt schildert sie die Erlebnisse und übt Kritik an den Behörden. Erstmals ergreift auch die Jugendliche selbst das Wort, ihre schonungslosen Aussagen machen betroffen.

Lisa (17) ist das jüngste Kind der Familie, die im Unterland wohnhaft ist. Sie ist aufgeschlossen, redegewandt und erwachsen, ja fast schon erschreckend erwachsen. Dazu haben vor allem die Erfahrungen beigetragen, die sie bereits in ihren jungen Jahren erlebt hat.„ Den ersten Kontakt mit Drogen hatte ich durch so genannte Freunde vor drei Jahren in einem Unterländer Lokal“, gibt sie offen zu, „mit Kiffen hat alles angefangen, dann kamen weitere Drogen hinzu. Ich hatte immer weniger Respekt vor den illegalen Substanzen, da alles dieselbe Wirkung hatte. Doch vor allem auf Acid, also LSD, bin ich hängen geblieben. Und an Meph wäre ich beinahe verreckt.“

„Nannten uns die Acid-Gang“
Der Freundeskreis zog die Tirolerin immer mehr in seinen Bann. „Wir haben uns kennen gelernt, als wir auf einem Acid-Trip waren. Daher nannten wir uns die Acid-Gang, das fanden wir cool. Mit der Zeit bedeuteten sie mir mehr als meine Eltern. Meine Freunde haben mich aufgefangen, sie waren mir eine Stütze. Ich dachte immer, sie sehen mich als Person und nicht mein Geld, das ich ihnen für die Drogen gab“, sagt Lisa.

Seit ihrem Ausstieg mit Drohungen zu kämpfen
Doch der Schein trügte. „Sie haben mich geködert und geblendet. Das LSD hat ihnen viel Macht gegeben, sie haben mich sogar während ich high war manipuliert. Ich habe wirklich lange gebraucht, bis ich das realisiert habe. Das hat sehr weh getan“, lässt sie Blicke in ihr Inneres zu. Seit die Jugendliche aus der Clique ausgestiegen ist, hat sie mit Anfeindungen zu kämpfen. Um die Fassade zuhause aufrecht zu erhalten, hat Lisa ihre Eltern und Geschwister immer wieder angelogen. „Wir haben zwar bemerkt, dass sie sich verändert hatte, doch wir dachten, das liege an der Pubertät“, geben ihre Mama und Schwester preis, „dass sie in derartige Kreise rutscht, hätten wir niemals für möglich gehalten“.

Jugendamt involviert
Die Familie hat das Jugendamt involviert, der 17-Jährigen wurde eine Betreuerin zur Seite gestellt. „Sie hat mich über meine Rechte bestens aufgeklärt, doch sonst konnte ich ihr nicht viel anvertrauen“, teilt sie mit. Während des Lockdowns seien die persönlichen Treffen durch Telefonate ersetzt worden. „Auch sonst war selten jemand erreichbar. Ein Wahnsinn“, betont die Schwester. Die Familie hat auch oft die Polizei kontaktiert: „Sie hat uns geholfen, doch nicht immer Menschlichkeit gezeigt. Als wir gegen die Dealer ausgesagt haben, kamen Sprüche wie ,Du leuchtest wie ein Christbaum, derart zugedröhnt bist du’“.

„Wurden immer wieder enttäuscht“
Und auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall spielt eine Rolle. „Lisa wurde bereits mehrfach dort eingeliefert. Jedes Mal haben sie gesagt, dass wir nun endlich die nötige Hilfe erhalten werden. Jedes Mal wurden wir aufs Neue enttäuscht. Nur Lisa allein durfte Entscheidungen treffen. Wir wurden nicht einmal über den starken Drogenkonsum unserer Tochter aufgeklärt. Und das, obwohl sie minderjährig ist. Wenn ihr etwas zugestoßen wäre, hätten sie uns angeprangert. Da stimmt das System nicht“, sagt die Familie. Außerdem seien Therapiemöglichkeiten, wie etwa mit Pferden, lange verschwiegen worden.

Mama mittels Experten von Acid überzeugen
Lisa war erfinderisch: „Ich wollte, dass Experten meiner Mama Acid erklären, in der Hoffnung, dass ich die Droge mit ihrem Einverständnis weiter nehmen durfte. Im Nachhinein betrachtet ein völliger Irrsinn“, räumt die Jugendliche ein. Die Familie hat die Zusammenarbeit mit den Behörden abgebrochen. Auf der Suche nach einer Lösung ist sie in der „Krone“ fündig geworden. „Zum Glück, denn wir hätten ein Kind verlieren können“, betont die Mama.

Ein Lichtblick dank „Tiroler Krone“
Das Ehepaar Maria und Manuel Hofmann kümmert sich seit Anfang des Jahres - wie berichtet - auf ihrem Bauernhof in Thiersee um suchtkranke Jugendliche. Durch den Artikel in der „Tiroler Krone“ ist die Unterländer Familie auf dieses Angebot gestoßen. Seither ist die 17-Jährige Teil der Gruppe und fühlt sich dort wohl.

Die Tirolerin wurde mittlerweile medikamentös eingestellt. Einen Hoffnungsschimmer entdeckte die Familie kürzlich in der „Krone“. „Wir haben den Bericht über den Hof von Maria und Manuel Hofmann in Thiersee gelesen, wo suchtkranke Jugendliche betreut werden. Tags darauf waren wir dort“, verrät die Mama.

„Arbeit mit Pferden tut mir richtig gut“
Vor allem Lisa zeigt sich begeistert. „Die Arbeit mit Pferden tut mir richtig gut. Und aufgrund der freundschaftlichen Basis mit Maria kann ich ihr fast alles anvertrauen. Ich habe endlich das Gefühl, rundum verstanden zu werden“, schildert Lisa. Drogen konsumiere sie keine mehr, auch die Zelte zu ihren Freunden habe sie abgebrochen. „Es ist unglaublich, was uns Maria und Manuel alles bieten. Es gibt so viel mehr als Party und Drogen“, betont sie.

„Wir werden alle Zeit der Welt aufbringen“
Sie hat auch ihre Lehre nach wie vor im Visier. „Zweieinhalb Jahre meiner Jugend habe ich verloren, doch nun bin ich auf dem besten Weg“, strahlt die 17-Jährige. Auch zu Hause hat sich das Verhältnis gebessert, es wird über alles offen gesprochen. „Wir werden alle Zeit der Welt für Lisa aufbringen und sind für diese Möglichkeit sehr dankbar“, schildert die ganze Familie.

Spenden für Erlebnishof Hold me: AT97 3633 9000 0006 6076

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

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