Schneider interviewt

„Nervig ist das mit dem Coronavirus schon“

Vorarlberg
24.12.2020 06:30

In seiner Interviewreihe „Das alte Tier“ spricht der Autor Robert Schneider mit ganz unterschiedlichen Menschen über „Corona“. Seine heutigen Gesprächspartner sind die beiden Buben Laurin und Raphael (beide 12).

Das war ein verrücktes Jahr, Buben. Wie habt ihr den ersten Lockdown erlebt?

Laurin: Am Anfang hab" ich mich gefreut. Juhu, keine Schule! Aber dann: Keine sozialen Kontakte mehr, man durfte keinen Sport machen, das war langweilig. Der Online-Unterricht war kompliziert und hat teils gar nicht funktioniert...

Raphael: ...das E-Learning ist mir auch auf den Keks gegangen. Ich musste eine Woche in diese komische Schulbetreuung gehen, weil meine Eltern keine Zeit für mich hatten. Da war ein Lehrer, der gesagt hat, dass er einen magischen Kakaoschlüssel hat und uns Kakao rauslassen kann. Hat er nie gemacht. Ich hab die Schule und die Klassenkameraden schon vermisst.

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Ich hab die Schule und die Klassenkameraden schon vermisst.

Raphael

Hatten eure Lehrer den Überblick? Was habt ihr beim E-Learning genau gemacht?

Laurin: Geredet, wie’s uns so geht. Im Online-Unterricht hat man nie was richtig verstanden, weil die Lehrer kein gutes Internet hatten. Nicht alle. Es gab Arbeitsaufträge, die man schlecht erfüllen konnte, weil es Gruppenarbeiten waren oder zu zweit.

Raphael: Am Anfang haben wir nicht viel gemacht. Dann sind auch Stunden einfach ausgefallen, weil der Lehrer nicht in die „Teams“ reingekommen ist. Da bin ich rausgetappt und hab‘ irgendwas gespielt.

Ihr habt das Glück, in Familien zu leben, wo die Natur direkt vor der Haustür liegt. Gibt es Kinder in eurer Klassen, die diesen Luxus nicht haben?

Laurin: Ich hab einen Kollegen, der hat gar keinen Garten. Der ist auch nie rausgegangen. Der hat nur zugenommen und Chips und das ganze Zeug gefuttert. Der hat auch selten am E-Learning teilgenommen. Wir haben in der Klassengruppe Bilder von ihm bekommen, wie er nur am Spielen war oder am Futtern.

Wie haben sich eure Eltern während des Lockdowns benommen? Wollt ihr darüber reden?

Raphael: Also die Mama war auf jeden Fall nicht entspannt. Nicht so nice.

Warum war sie nicht entspannt?

Raphael: Erstens, weil sie nicht mehr arbeiten konnte. Zweitens, weil sie keinen Bock hatte, für meinen kleinen Bruder Lernaufträge auszudrucken. Du hast sie was gefragt, wo sie normalerweise Ja gesagt hat, und jetzt hat sie andauernd Nein gesagt. Der Papa war ziemlich chillig.

Laurin: Mein Papa war manchmal entspannt, manchmal nervig und aufdringlich. Die Mama war im Geschäft. Am Abend hat ziemlich oft sie gemotzt und geschrien...

Raphael: ...wie Mütter halt so sind. Das ist nicht böse gemeint. Nun haben wir den zweiten Lockdown hinter uns, ein dritter steht unmittelbar bevor.

Zwischenzeitlich hattet ihr ja auch wieder Unterricht an der Schule - allerdings mit Maske und Sicherheitsabstand. Funktioniert das?

Raphael: Es gibt Kinder, die so richtig ausrasten, sobald du zwei Millimeter näher an sie rangehst...

Laurin: ...ja, und es gibt ein paar, die halten Abstand. Dann gibt es welche, die umarmen sich, wenn kein Lehrer zuschaut.

Wird dann gepetzt, dass man sich umarmt hat?

Laurin: Da petzt niemand.

Raphael: Nervig ist das mit den Schutzbestimmungen schon. Man muss andauernd ins Freie gehen. Es ist zur Zeit auch sehr kalt. Dann sind die ganzen Fenster offen. Ich frage mich, wieso man sich wundert, weshalb viele Kinder erkältet sind. Wenn’s uns zu kalt wird, schleichen wir uns halt durch den Hintereingang wieder in die Klasse rein. Ich hoffe, dass wir im Februar überhaupt noch die Skiwoche haben...

Laurin: ...stimmt. Skifahren würde wegfallen, und darauf möchte ich gar nicht verzichten. Corona haben wir ja das ganze Jahr. Skifahren haben wir nicht das ganze Jahr.

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Ich glaube, dass in Geschichte 2.0 unsere Nachkommen sagen werden: Das Jahr 2020, darüber reden wir besser nicht.

Raphael

Apropos: Was glaubt ihr, wird nächstes Jahr alles vorbei und vergessen sein?

Laurin: Das wird uns die nächsten Jahre noch begleiten.

Raphael: Ich glaube, dass in Geschichte 2.0 unsere Nachkommen sagen werden: Das Jahr 2020, darüber reden wir besser nicht.

Weihnachten steht vor der Tür, und das Jahr geht zu Ende. Was wünscht ihr euch für die Welt?

Laurin: Ich wünsche mir für die Welt, dass irgend ein Ersatz für Plastik gefunden wird. Etwas Umweltfreundliches.

Raphael: Ich hoffe, dass die Menschen ein bisschen besser mit dem Planeten umgehen.

Und Corona? Schon vergessen?

Laurin: Naja, an der Situation sollte sich schon etwas ändern.

Raphael: Ja, diese Sache sollte weggehen.

Robert Schneider

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