Muslime nicht geladen

Parlaments-Gebetskreis: Von wegen Weihnachtsfriede

Politik
10.12.2020 13:49

Eine Gebetsstunde bringt den Weihnachtsfrieden im Parlament in Gefahr. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und das „Komitee des Nationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks“ hatten am Marienfeiertag unter dem Titel „Hoffnung in der Krise“ geladen - allerdings recht selektiv. Muslimische Vertreter waren etwa nicht vorgesehen, auch die katholische Jungschar war über ihre Nicht-Einladung verstimmt. SPÖ und NEOS schäumen über die „erzkonservative“ Veranstaltung und sehen die Trennung von Kirche und Staat gefährdet. „Unverständlich“, heißt es aus der ÖVP, eine Gebetsfeier im Advent habe in einem „pluralistischen Land“ ihren Platz.

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sieht das anders: „Dass auf Betreiben des ÖVP-Nationalratspräsidenten via Livestream aus dem Parlament erzkonservativen katholischen Religionskreisen eine Bühne geboten wird und sich ÖVP-Politiker dabei in Szene setzen, ist nicht akzeptabel und läuft der Trennung von Kirche und Staat eklatant zuwider“, sagte er zum „Standard“. Ganz ähnlich NEOS-Klubvize Nikolaus Scherak: „Jede und jeder soll beten dürfen, wann und wie sie oder er es möchte. Was aber gar nicht geht, sind Gebetsveranstaltungen im Parlament. Das Parlament ist ja keine Kirche.“

Griss: „Ich will damit nichts mehr zu tun haben“
Die NEOS wollen von Sobotka wissen, ob Mitarbeiter der Parlamentsdirektion ihre Arbeitskraft für den Gebetskreis aufgewendet haben und ob es zu Mehrkosten aufgrund des Feiertags gekommen sei. Ex-Abgeordnete Irmgard Griss will aus Protest gegen die Nichteinladung von Muslimen das „Komitee des Nationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks“ verlassen. „Ich will damit nichts mehr zu tun haben. Wenn man eine öffentliche Veranstaltung macht, müssen alle Religionen vertreten sein. Sonst verbindet man nicht, man spaltet“, sagte sie zur „Kleinen Zeitung“.

An der Veranstaltung hatten neben Sobotka und ÖVP-Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler Abgeordnete von ÖVP und FPÖ teilgenommen. Vertreter von SPÖ und NEOS, die zunächst zugesagt hatten, sprangen nach heftiger Kritik in sozialen Medien wieder ab, auch die Grünen nahmen nicht teil. Videobotschaften gab es von Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP), dem Gründer der Loretto-Gemeinschaft, Georg Mayr-Melnhof, und Kardinal Christoph Schönborn. Der evangelische Bischof Michael Chalupka sprach ein Gebet, auch Wiens Oberrabbiner Jaron Engelmayer sowie Vertreter von orthodoxer Kirche, Altkatholiken und Kopten waren dabei.

Katholische Jungschar: Einladungspolitik „sehr schade“
Neben muslimischen Vertretern war auch die katholische Jungschar zunächst nicht eingeladen. Nachträglich habe man am vergangenen Freitag eine Einladung zum Livestream erhalten. Als „sehr schade“ empfinde man, dass nicht „wesentlich breiter konfessionsübergreifend eingeladen wurde“, sagte Vorsitzender Martin Hohl laut „Standard“.

ÖVP: Keine Muslime im „Komitee des Gebetsfrühstücks“
Gudrun Kugler, katholisch-konservative Speerspitze im ÖVP-Parlamentsklub, kann die Debatte nicht nachvollziehen. Hinter der Nichtberücksichtigung von Muslimen stecke keine Absicht, es säßen derzeit einfach keine Muslime im Parlament, sagte sie Donnerstagmittag zur „Kleinen Zeitung“. Wenig später präzisierte sie, dass im „Komitee des Nationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks“ keine Muslime vertreten seien, im Parlament aber „selbstverständlich“ schon. „Missverständlich zitiert“, wie es hieß.

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