Corona-Pandemie

Warnung vor Überlastung, Warten auf Lockdown

Politik
29.10.2020 14:32

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht einen baldigen Lockdown als „unvermeidlich“, wenn die Corona-Infektions- und Hospitalisierungszahlen im gleichen Tempo steigen wie derzeit, und fordert rasches Handeln. Gleichzeitig fordert die steirische Landesregierung bundesweite Maßnahmen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Donnerstag in einer Krisensitzung mit Experten über die Intensivkapazitäten in Österreichs Spitälern beraten. Dramatisch ist die Situation auch aus Sicht des Regierungschefs und seines Gesundheitsministers Rudolf Anschober (Grüne). Die „Ultima-Maßnahme“, über die seit Tagen spekuliert wird, wurde vorerst nicht verkündet: der Lockdown. Die Regierung will allerdings noch diese Woche über neue und schärfere Maßnahmen informieren.

Zuerst soll es aber noch Treffen mit den Sozialpartnern und den anderen Parlamentsparteien geben. Am Samstag soll dann die Öffentlichkeit informiert werden, wie Kanzler Kurz erklärte. Natürlich werden auch die Infektionszahlen eine maßgebliche Rolle spielen, wie die Entscheidung der Regierung ausfallen wird. Kurz meinte in diesem Zusammenhang, dass es sich bei 6000 neu Infizierten pro Tag um jenen Schwellenwert handle, ab dem auch „unser gutes Gesundheitssystem“ an seine Grenzen stößt. Dies sei am Donnerstag auch von den Gesundheitsexperten des Landes bestätigt worden. Derzeit liegt die Zahl der Neuinfektionen bei 4453. Viel relevanter sei aber, dass sich diese Zahlen derzeit im Schnitt innerhalb einer Woche verdoppeln, betonte Kurz.

Anschober: Kapazitätsgrenzen Mitte oder Ende November erreicht
Anschober rechnet damit, dass Mitte oder Ende November die Kapazitätsgrenzen gesprengt werden, wenn der Trend nicht gebrochen wird. Deshalb gebe es nun „akuten Handlungsbedarf, um diese Entwicklung zu stoppen“. Problematisch sei, dass derzeit der Altersschnitt steigt und vermehrt Infektionen in Alters- und Pflegeheimen auftreten.

Herwig Ostermann, Geschäftsführer von Gesundheit Österreich, erläuterte, dass von 100 Neuinfizierten derzeit im Schnitt eine Person auf eine Intensivstation kommt und dort im Schnitt 12,5 Tage versorgt werden muss. Die Patienten werden „rasant mehr“. Mitte November werden laut Prognose 400 bis 500 Patienten auf Intensivstationen liegen, sagte Ostermann. Diese sind auch „versorgbar“. Im Schnitt gibt es 2000 Intensivbetten in Österreich, belegt werden können diese laut Ostermann mit 1800 Menschen. Ungefähr 60 Prozent davon benötigen die Betten akut, also nach Unfällen oder wegen nicht verschiebbarer Eingriffen. Somit gebe es ein Potenzial von 700 Betten, die in einem Notfall für Patienten zur Verfügung gestellt werden können.

Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), betonte, dass eine Erweiterung der Intensivkapazitäten kurzfristig nicht möglich sei. Werde die Intensivmedizin bei Neuinfektionszahlen über 6000 an ihre Grenze gebracht, „dann wären wir nicht mehr in der Lage, bestmögliche Medizin bereitzustellen“, warnte Markstaller.

Kurz: „Wagen Sie Blick in andere Länder“
All jenen, „die das noch immer nicht glauben“, richtete Kurz aus: „Wagen Sie einen Blick in andere Länder.“ In Großbritannien seien bereits erste Krebs-OPs verschoben worden. In den Niederlanden und Tschechien können Patienten nicht mehr behandelt werden und müssten ins Ausland gebracht würden. Der Bundeskanzler betonte in diesem Zusammenhang, nicht zulassen zu wollen, dass Ärzte im schlimmsten Fall entscheiden müssen, „wen sie behandeln und wen nicht“.

FPÖ kritisiert „gesundheitspolitische Schutzhaft“
Scharfe Kritik an den kolportierten Lockdown-Plänen hatte am Donnerstag bereits vorab die FPÖ geäußert. „Seit Monaten warnen die schwarz-grüne Regierung und insbesondere Kanzler Kurz so intensiv vor einer ,zweiten Welle‘ der Corona-Verbreitung, dass man meinen möchte, diese Welle werde geradezu heraufbeschworen. Ansonsten waren sie aber offenbar völlig untätig“, sagte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. „Kurz hat vor drei Tagen den Lockdown als ,Ultima-Maßnahme‘ bezeichnet. Lange hat er nicht gezögert, um zum Äußersten greifen und die Bevölkerung ein weiteres Mal in gesundheitspolitische Schutzhaft nehmen zu wollen - wohl exakt so lang wie das Telefonat mit Deutschlands Kanzlerin Merkel gedauert hat“, meinte der Freiheitliche mit Blick auf das am Mittwoch von Kurz mit Merkel geführte Gespräch über das weitere Vorgehen.

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