Freundeskreis Pozuzo:

Kampf wider das Vergessen seiner Wurzeln

Tirol
10.10.2020 17:00

Das Jahr der Flüchtlingsbewegung schickte uns 2015 die Bilder von heimatverlassenden Menschen ins Wohnzimmer und nachhaltig ins Bewusstsein. Wer allerdings meinte, der „Wirtschaftsflüchtling“ sei eine neue Spezies, der irrt. In Tirol passierte 1857 Ähnliches.

Damals machten sich in der Wirtschaftskrise rund 300 Österreicher und Deutsche, davon 180 Tiroler, auf den Weg nach Peru, angeworben von der dortigen Regierung zur Kultivierung des Amazonasgebietes. 1868 folgten weitere 300 Tiroler dem Abenteuer Pozuzo. Eine isolierte Einöde fernab der Zivilisation, die bis zum Bau der Straße im Jahr 1975 auch eine solche blieb.

Rudi Heinz gründete 1983 den Pozuzo-Verein
Die Verbindung zur Heimat riss allerdings nie ab und so formierte sich um den Silzer Rudi Heinz 1983 ein Team zur Gründung des Vereines „Freundeskreis für Pozuzo“. Das Ziel früher und jetzt: Pflege der Partnerschaft und Austausch der Kulturen. Im vergangenen Juli gab’s einen Generationenwechsel. Heinz übergab die Obmannschaft an Emanuel Bachnetzer, der Vorstand wurde stark verjüngt. „Vielleicht meinen die Leute, dass nur Silzer auswanderten, weil die Partnerschaftstafel unter der Ortstafel angebracht ist. In Wahrheit kamen die Emigranten aus 50 Gemeinden“, möchte Bachnetzer einen Irrglauben beseitigen. Nicht zuletzt deshalb zähle der Verein mittlerweile 450 Mitglieder. Der „Austausch“ entwickelte sich zur sozialen Mission. So wurde etwa vom Subverein „Gesundheit für Pozuzo“ unter der Führung des Imsters Eugen Feichtinger ein Krankenhaus errichtet. Auch den Deutschunterricht konnte man in den Schulen etablieren. Der nunmehrigen Vermischung der Kulturen geht nämlich auch die Veränderung der Sprache einher, sodass in der fünften Generation die spanische Landessprache die deutsche Sprache verdrängt. Der indigen entwickelte Dialekt Tirolés wird ohnehin nur mehr von den Alten gesprochen.

Institut für Musik und deutsche Sprache
„In den vergangenen zehn Jahren hat sich in Pozuzo unglaublich viel getan“, sagt Bachnetzer, „das Sozialprojekt mutiert nun zum Know-how-Transfer.“ Da der Tourismus boome, könne man gerade als Tiroler diesbezüglich wertvolle Aufbauhilfe leisten – Stichwort Urlaub am Bauernhof. In der kürzlich abgehaltenen Klausur des neuen Vorstandes bekräftigte man jedenfalls die Intensivierung der „Pflege der freundschaftlichen Beziehung“. Ziel sei es, ein Institut für Musik und Deutsche Sprache aufzubauen, um in Pozuzo präsenter zu werden. Auch die Präsenz in Tirol soll verstärkt werden, zum Beispiel durch interaktive Projekte in den Auswandergemeinden.

Ein neues Logo für die zweisprachige Webseite
Ein neues Logo für eine zweisprachige Webseite, die Forcierung der Kommunikation in den sozialen Medien, Austausch- und Freiwilligenprojekte sowie ein Unterstützungsfonds sind weitere Vorhaben. Der Freundeskreis will jedenfalls nicht leiser werden. Und auch Reisegruppen sollen wieder organisiert werden – natürlich nach Corona. Denn auch Peru habe das Virus nicht verschont, weiß der neue Obmann zu berichten: „Dort wird derzeit sogar sehr restriktiv vorgegangen, dagegen sind die Maßnahmen, die wir hier haben, ziemlich locker!“

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