Stolz auf neues Radar

Hightech-Upgrade für die „Augen der Republik“

Österreich
04.09.2020 14:44

Folgt man von Wien aus der Donau Richtung Westen, überfliegt die Wachau, Stift Melk und den Attersee (siehe Video), dann tauchen kurz vor Salzburg nahe der Marktgemeinde Thalgau zwei imposante Kuppeln zwischen den Baumkronen am Gipfel des Kolomannsberges auf. In dieser Anlage weiß man freilich längst, dass wir per S70-„Black Hawk“-Helikopter im Anflug sind, denn die beiden kugelförmigen Gebilde sind Teil der ortsfesten Radaranlagen - auch „Goldhaube“ genannt -, mit denen das Bundesheer den heimischen Luftraum überwacht.

Doch warum stehen dort zwei Radarpilze so eng zusammen? Das fragt man sich auch als strahlentechnischer Laie. Der Kran, der noch zwischen den beiden Türmen aufragt, ist ein erstes Indiz. Und bald darauf ist klar: Hier wird noch gebaut. Denn das bisherige System, das seit 18 Jahren in Betrieb ist, wird demnächst von einer noch größeren und leistungsfähigeren Antenne abgelöst. Dazu wurde ein neues Gebäude samt Radarkuppel auf dem strategisch sensibel gelegenen Gipfel auf exakt 1111 Metern Seehöhe errichtet.

Tanner: „Rechtzeitig auf Bedrohungen aus der Luft reagieren“
Ein Projekt, von dessen Fortschritt sich auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) persönlich überzeugen wollte. Immerhin schlägt die neue Anlage alles in allem mit rund 21 Millionen Euro zu Buche. Dafür kann das neue, gut zehn Tonnen schwere „Auge der Republik“, wie es Tanner nennt, auch so einiges: Im südlichen Turm, „Objekt R“ genannt, sind ein Primär- und Sekundärradar samt Freund-Feind-Erkennung integriert - mit einer Erfassungsreichweite von rund 470 Kilometern in die Ferne und bis in eine Höhe von rund 61 Kilometern. Durch die Modernisierung ist sichergestellt, „dass wir rechtzeitig auf Bedrohungen aus der Luft reagieren können“, so die Verteidigungsministerin.

Drei ortsfeste Anlagen überwachen Luftraum
Einzig die Bergketten der Voralpenregion, die sich südlich des Standortes erstrecken, lassen sich von den elektromagnetischen Wellen nicht durchdringen. Gen Norden hin ist der Blick frei, das System kann seine Stärken voll ausspielen. Übrigens: Das Heer verfügt insgesamt über drei ortsfeste Radarstationen. Neben dem Kolomannsberg, wo bereits seit 1968 der Luftraum überwacht wird, gibt es noch eine in Steinmandl (Niederösterreich) und eine auf der Koralpe (Kärnten) sowie weitere mobile Radargeräte.

Das hochmoderne Luftraumüberwachungssystem - auch „Goldhaube“ genannt - überblickt aber nicht bloß ganz Österreich. Die Erfassung reicht weit über unsere Grenzen hinaus - bis fast nach Berlin im Norden, von Bern in der Schweiz bis an die Ostgrenzen der Slowakei und Ungarns und im Süden bis nach Sarajewo. „Das muss auch so sein“, sagt der Kommandant der Luftraumüberwachung (LRÜ), Gerfried Promberger. Denn das habe unter anderem wesentlichen Einfluss auf die Reaktions- bzw. Vorwarnzeiten.

Stolz auf eigene Kompetenzen
Und wenn tatsächlich ein Ernstfall eintritt? „Minuten können da entscheidend sein“, so der Brigadier gegenüber krone.at, der besonders stolz auf seine Ingenieure und Techniker ist, die das komplexe System selbst warten und weiterentwickeln. Sogar die Hersteller der Antennen hätten mitunter angefragt, „wie wir solch enorme Sichtweiten aus den Anlagen herausholen konnten“.

Eine neue Herausforderung für die Luftraumüberwachung bergen übrigens moderne Drohnen. Es sei ein „unangenehmes Phänomen“, so Promberger. Zwar sei demnächst ein Drohnenführerschein Pflicht, aber eine Beschränkung wie diese, die dann nicht überwacht werde, halte er für sinnlos. Es helfe dabei nur, den Luftraum zu koordinieren, was man auch in Zusammenarbeit mit der zivilen Behörde Austro Control stetig vorantreibe.

Rund 40 Abfangjäger-Einsätze pro Jahr
Doch der Schutz des Luftraums gelingt natürlich nicht bloß durch das Beobachten und Überwachen. Radaranlagen, Luftstreitkräfte etc. arbeiten hier Hand in Hand. Rund 40-mal pro Jahr müssen deshalb Abfangjäger aufsteigen, um auf Verletzungen unseres Luftraumes zu reagieren, weiß LRÜ-Kommandant Promberger. Was den Fortbestand der Flugzeuge angeht, ist weiterhin nichts in trockenen Tüchern. Die Saab-105OE-Jets wurden ja in Pension geschickt - ohne konkreten Nachfolger. Betreffend eines möglichen Eurofighter-Ausstiegs berichtete Tanner erneut, dass eine Leasingvariante angedacht sei. Diese Entscheidungen müssten allerdings in einem parlamentarischen Prozess fallen, wo auch Experten aller Lager zu Wort kämen.

In den kommenden Monaten wird die neue Radaranlage am Kolomannsberg fertiggestellt und soll im ersten Quartal 2021 in Live-Betrieb gehen. Sobald das geschehen ist, wird das alte System heruntergefahren und rückgebaut.

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