Verbotener Trend

Immer mehr Wildcamper bringen Natur in Bedrängnis

Tirol
29.08.2020 12:00

„So schlimm war es noch nie!“ Das sagt die Landesleiterin der Tiroler Bergwacht. Gabriele Pfurtscheller meint einen Reisetrend, der im Corona-Jahr extrem zugenommen hat: Wildcampen. Das ist in Tirol und den meisten Regionen Europas verboten. Doch in den Wäldern, auf den Bergen, an Seen schlagen immer mehr Camper ihre Zelte auf. Die Natur kommt nicht zur Ruhe, viel Müll bleibt zurück.

„Das haben wir nicht gewusst.“ Diesen Satz haben die freiwilligen Einsatzkräfte der Tiroler Bergwacht heuer oft gehört - zu oft! Jetzt schlägt Landesleiterin Gabriele Pfurtscheller Alarm. Was die sonst so besonnene Bergwacht-Chefin aufbringt, ist ein Reisetrend, der Tirols Naturlandschaft unter Druck bringt: „Wildcamping hat sich in den vergangenen Jahren leider immer mehr entwickelt. Doch so schlimm wie heuer war es nie zuvor!“ Die Corona-Pandemie hat diese „kontaktarme“ Form des Urlaubens gefördert.

300 Anzeigen bei Kontrollen im Ötztal
Wie schlimm es ist, zeigt die Bilanz der Bergwacht im Ötztal. „Dort mussten wir bei den bislang letzten Schwerpunktkontrollen 300 Anzeigen machen“, berichtet Pfurtscheller. Doch nicht nur das Ötztal ist stark betroffen. Auch im Außerfern hat die Natur nicht einmal mehr in der Nacht ihre Ruhe. Rund um die Seen wächst am Abend so manches kleines Zeltdorf. Pfurtscheller: „Die Kollegen rücken jetzt dreimal in der Woche aus und treffen im Schnitt 40 bis 60 Camper im freien Gelände an.“ Probleme gibt es auch im Stubaital oder in den Innauen. Ein Platz am Wasser ist natürlich heiß begehrt.

„Zu viel Müll und zu viel Unruhe in der Natur“
Die rund 850 aktiven Bergwacht-Mitglieder – die freiwillig im Einsatz stehen – verstehen sich eigentlich als Freund und Helfer. Informieren und aufklären – so lautet das Credo. „Aber jetzt müssen wir leider auch anzeigen, sonst hört das nicht auf. Es bleibt viel zu viel Müll zurück, es ist viel zu viel Unruhe in der Natur“, zählt die Landesleiterin die unerfreulichen Nebenwirkungen auf.

Mehr oder weniger kreative Ausreden
Camping außerhalb der dafür vorgesehenen Plätze ist in Tirol – wie in fast ganz Europa – verboten. Das regelt das Campinggesetz. Verstöße werden in Tirol mit bis zu 220 Euro Strafe geahndet. Andere Bundesländer sind noch strenger. Die Ausrede, „das haben wir nicht gewusst“, lässt Pfurtscheller deshalb nicht gelten. Sie und ihre Mitarbeiter kennen noch andere mehr oder weniger kreative Notlügen. „Wir haben uns ja nur kurz ausgeruht.“ Auch das ist eine beliebte Tarnung, weil das Rasten im Auto durchaus erlaubt ist. „Aber wenn die nächste Straße zehn Kilometer entfernt ist und vor dem Auto ein ganzer Hausrat steht, dann darf man das bezweifeln“, meint Pfurtscheller.

Auch die Diskussionen, was Campieren bedeutet, haben die Bergwächter mittlerweile satt: „Viele junge Menschen touren mit umgebauten Mini-Bussen durchs Land und glauben, dass niemand merkt, wenn sie schnell mal dort oder da übernachten. Aber diese Mini-Busse haben keine Sanitäranlagen und keinen Platz für den Müll. Der bleibt dann zurück.“

Auch auf den Bergen wird es zunehmend eng
Campiert wird nicht nur im Tal, sondern auch am Berg. Corona hat die Lage verschärft, weil viele Wanderer Hütten meiden. Nun wird biwakiert - auch auf Gipfeln. Ebenfalls ein Trend. Sonnenaufgänge am Berg machen sich gut auf Instagram. Die Bergwächter können mittlerweile zahlreiche Gipfel nennen, über denen nicht einmal mehr in der Nacht die viel besungene Ruhe herrscht. 

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