Amt fürs Erste weg

Rio-Gouverneur: 41 Mio. € Corona-Hilfe veruntreut?

Ausland
28.08.2020 22:50

Wegen mutmaßlicher Veruntreuung von Corona-Hilfsgeldern - er soll Schmiergelder in Höhe von 274,2 Millionen Real (41,4 Mio. Euro) einsackt haben - ist der Gouverneur des brasilianischen Bundesstaates Rio de Janeiro, Wilson Witzel, vorerst aus dem Amt entfernt worden. Der 52-jährige Rechtsaußen-Politiker müsse die Amtsgeschäfte mindestens 180 Tage ruhen lassen, verfügte Brasiliens Oberster Gerichtshof am Freitag. Witzel weist die Vorwürfe zurück und sieht sich als Opfer einer politischen Intrige.

„Diese kriminelle Organisation war und ist noch aktiv, inmitten der Covid-19-Pandemie Gelder zu unterschlagen und zu waschen“, begründete Richter Benedito Goncalves Witzels vorläufige Amtsenthebung. Der bisherige Gouverneur und seine Komplizen hätten mit ihrem korrupten Verhalten „die Gesundheit und sogar das Leben von Millionen von Menschen“ in Gefahr gebracht. Witzel darf allerdings weiter in seinem Amtssitz residieren.

Laut Staatsanwaltschaft hatte Witzel nach seiner Amtsübernahme im Jänner 2019 eine schwarze Kasse für Bestechungsgelder eingerichtet. Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht aber die Veruntreuung von Corona-Nothilfen für Feldlazarette, Beatmungsgeräte und Medikamente. 

Stellvertreter soll Geschäfte übernehmen, ist aber selbst betroffen
Die Regierungsgeschäfte soll vorerst sein Stellvertreter Claudio Castro übernehmen, der neben Witzel und Landtagspräsident Andre Ceciliano allerdings auch von Ermittlungen betroffen ist. Der evangelikale Pastor und Vorsitzende der rechtsreligiösen Christlich-Sozialen Partei, Everaldo Pereira, der sowohl Witzel als auch Brasiliens rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro im Jordan getauft hatte, wurde festgenommen.

Die Polizei durchsuchte Witzels Amtssitz Palacio de Laranjeiras und ermittelte bei seiner Frau und seinen engsten Mitarbeitern. Im Rahmen der „Tris in Idem“ genannten Operation waren auch Dutzende weitere Durchsuchungs- und auch Haftbefehle bei wichtigen Mitgliedern der Regierung des Bundesstaates ausgeführt worden.

Witzel sieht sich als Opfer einer Intrige
Witzel weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück und sieht sich als Opfer einer politischen Intrige. „Ich werde politisch massakriert, weil es mächtige Interessen gibt, dass ich diesen Staat nicht regiere“, sagte Witzel in einer Fernsehansprache, die er in seiner offiziellen Residenz hielt. Staatschef Bolsonaro habe „extrem ernste, aber unseriöse Anschuldigungen“ gegen ihn erhoben, weil er fürchte, bei der Präsidentschaftswahl 2022 von ihm herausgefordert zu werden.

Einst Verbündete, nun ärgste Widersacher
Witzel hatte Bolsonaro 2018 bei der Präsidentschaftswahl unterstützt, entwickelte sich im Zuge der Ermittlungen gegen Bolsonaros Sohn Flavio aber zu einem der ärgsten Widersacher des Staatschefs. Die beiden Politiker gerieten wiederholt aneinander. Unter anderem ging es darum, dass der Gouverneur entgegen Bolsonaros ausdrücklicher Forderung Corona-Lockdown-Maßnahmen in Kraft setzte.


Rio ist nach Sao Paulo der am stärksten von der Corona-Pandemie betroffene Bundesstaat Brasiliens. Schon seit Beginn der Pandemie wurden in Rio Vorwürfe massiver Korruption laut. Von den sieben Feldlazaretten, deren Bau die Regierung des Bundesstaates in Auftrag gab, wurden erst zwei eröffnet.

Witzel mit eingerechnet kamen übrigens fünf der sechs vergangenen Gouverneure von Rio de Janeiro ins Gefängnis oder wurden der Verwicklung in kriminelle Machenschaften verdächtigt.

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