Die alten Traditionen

Das Handwerkerdörfl: Ausflug in die Vergangenheit

Steiermark
28.08.2020 09:00

Zehn Schulkinder sitzen brav in der Klasse, der Schuster arbeitet mit seinem Leisten - was man hier in St. Veit sieht, hat Charakter.

Wer hochtechnologische Vorführungen oder Apps zum Runterladen erwartet, wird sie hier nicht finden - ist aber dennoch nicht fehl am Platz. Denn gerade der alte, verstaubte Charme, der uns mitten hinein führt in die Steiermark der Vor- und Nachkriegsjahre, genau der macht die Faszination des Handwerkerdörfls in Pichla (Gemeinde St. Veit) aus.

Gerhard Seher hat dafür über Jahrzehnte zusammengetragen, was man gar nicht für möglich halten würde. Gebäude aus einem 50-Kilometer-Umkreis abgetragen und neu aufgestellt, eine Greißlerei, die alte Schmiede, die Wagnerei, ein Tennenstadel mit altem bäuerlichen Werkzeug, das historische Klassenzimmer. Viel Zeit hat er dafür bei Landwirten und auf Flohmärkten verbracht, alles, was er in 43 Berufsjahren verdient hat und entbehren konnte, reingesteckt. „Weil mir wichtig ist, dass die Leute von heute erfahren, wie es früher war.“

Vieles hat er selbst noch miterlebt. Wenn die Kinder nicht in die Schule gehen durften, weil die Erdäpfelernte angestanden ist. Oder wenn um 2 Uhr in der Früh alle aus den Bettlagern, mit den vor Ungeziefer strotzenden Matratzen aus „Woazschälern“, gescheucht wurden, weil ein Gewitter herg’schaut hat und das Getreide zum Hereinholen war. Gerhard Seher hat noch zu jenen gehört, die als Kinder die Kühe vor den Pflug gespannt haben und mit ihnen auf das Feld gefahren sind. „Ein großer Teil des Tages wurde damit zugebracht, Nahrung für sich und die Familie aufzutreiben und Vorräte anzulegen.“

Mit welchem Gefühl blickt er zurück? „Freilich hätten wir sehr oft lieber gespielt, als schon als Kinder so hart zu arbeiten. Dafür haben wir weniger Druck gehabt, weniger Stress, waren nicht von unseren Handys abhängig. Und wir hatten ein gutes Immunsystem.“

Allein die Geschichten von Seher sind es wert, (nach telefonischer Vereinbarung) nach St. Veit zu fahren. Es gibt wohl keinen, der über die aufwändige, aus so vielen Details bestehende lebensechte Ausstellung nicht staunt. Oder über die Preise beim Greißler

Die Serie „Der steirische Brauch“ ist eine Initiative der Volkskultur Steiermark und der „Krone“

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