Saison zum Vergessen

Tiroler Dorf hat zweiten Lockdown schon erlebt

Tirol
02.08.2020 14:00

Der abrupte Abbruch einer Supersaison wegen Corona war für Obergurgl im Tiroler Ötztal ein Schock. Der zweite folgte zugleich: Der Abgang einer gewaltigen Mure sorgte für die nächste, sechswöchige „Quarantäne“.

Ein traumhafter Sonnentag, das Grün während der Fahrt ins Ötztal erscheint besonders intensiv. In Sölden reges Treiben von Moutainbikern und Rucksacktouristen – überraschend in diesem Zittersommer. Nun aber hinauf Richtung Obergurgl. Die berühmt gewordene Leckgalerie nach Zwieselstein ist seit 17. Juli wieder befahrbar, vorerst einspurig. Immerhin. Das war nicht immer so. Am 28. Mai donnerte auf diese eine Mure, die Riesensteine mitbrachte. Einsturzgefahr. Aufgrund der Instabilität des Hanges war eine Totalsperre der B186 unumgänglich, Arbeiten waren lange nicht möglich, die Wiederöffnung wurde für 11. August prognostiziert.

Dreieinhalb Stunden von Obergurgl nach Sölden
Für Obergurgl eine Katastrophe, wieder von der Außenwelt abgeschnitten! Sozusagen der zweite Lockdown nach der Corona-Quarantäne. Einige Tage nach der Vollsperre öffnete wenigstens die Timmelsjochstraße, die einzige Verbindung zur „Zivilisation“. Nach Sölden fuhr man allerdings über Südtirol und Reschenpass dreieinhalb Stunden. Ach ja: Einen Wanderweg gab‘s auch noch. „Den nutzten übrigens viele“, sagt BM Ernst Schöpf beim „Krone“-Besuch, „die Versorgung der Bevölkerung war durch den Hubschrauber des Landes zu jeder Zeit gegeben.“

Diese Luftbrücke wurde etwa zweimal wöchentlich eingerichtet. Auch ein Feuerwehrauto und ein Kfz für den Krankentransport fanden den Weg über das Timmelsjoch in die temporäre Exklave. Schöpf hat noch eine „nette Geschichte“ auf Lager: „Eine Hochschwangere wurde zur Entbindung nach Zams geflogen, alles bestens, das Söhnchen verbrachte seine erste Lebenszeit bei seinen Großeltern in Längenfeld.“

Tote Hose und Bauarbeiter statt Sommertouristen
Angekommen in Obergurgl, dem zur Gemeinde Sölden zählenden Bergdorf mit knapp über 500 Einwohnern und rund 5000 Betten, bietet sich ein ernüchternder Anblick aus touristischem Blickwinkel: Da und dort ein Grüppchen Wanderer, ansonsten tote Hose auf der Straße. Die größte Menschengruppe bilden die Arbeiter, die gerade vor und am neuen Gemeindezentrum werkeln – natürlich auch verspätet.

„Zurzeit hat nur ein einziges Hotel geöffnet“, sagt Sabrina, die sympathische Mitarbeiterin im Tourismusbüro. „Wenig los“, bestätigt TVB-Ortschef Philipp Ribis, „die Buchungslage nach dem ersten Lockdown wäre nicht schlecht gewesen. Dann der Schock mit der Straßensperre Ende Mai.“ Die Prognose der Wiederöffnung am 11. August veranlasste die Hoteliers, ihre Betriebe erst gar nicht aufzusperren. Ribis: „Dann wären nur noch zwei Saisonwochen übrig geblieben. Die frühere Öffnung nützte in diesem Fall auch nichts, die Mitarbeiter sind mittlerweile anderswo.“

„Zum zweiten Mal dem Gast absagen war hart“
„Zum zweiten Mal den Gästen absagen, das war bitter“, sagt Manuel Ribis, Manager von Luxusappartments. Ein pensionierter Hotelier wirft ein: „Mit der Hälfte des Geschäftes könnten wir auch noch gut leben“. Die Hälfte wird es aber heuer nicht werden in Gurgl. Man schätzt, von den 60.000 Sommernächtigungen vielleicht zehn Prozent zu erreichen. „Aber es kommt langsam wieder“, will Sabrina beruhigen. Manuel Ribis bestätigend: „Ja, es wird wieder gebucht, aber extrem kurzfristig.“ Vielleicht ringt der eine oder andere gestresste Gastronom diesem Sommer doch noch etwas Positives ab: die Erkenntnis, dass es ein Leben abseits des Business gibt.

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