Hotspot Lampedusa

Bürgermeister: „Migration mit Slogans unlösbar“

Ausland
31.07.2020 11:06

Lampedusa gilt nicht nur als Ferienparadies, sondern auch als erste Anlaufstelle für Hunderte Bootsflüchtlinge, die sich von Afrika aus auf den Weg nach Europa machen. Die nur 20 Quadratkilometer große, zu Italien gehörende Mittelmeerinsel, die mit diesen beiden konträren Aspekten ihres Alltags permanent konfrontiert ist, verzeichnete in den vergangenen Wochen wieder vermehrt Ankünfte von Migranten. In einem Interview schildert Bürgermeister Salvatore Martello, wie er versucht, die schwierigen Umstände zu meistern.

Zur aktuellen Lage sagte Martello: „Seit Tagen landen circa 200 bis 300 Migranten täglich. Es kommen zwar nicht mehr große Schiffe, sondern kleinere Boote, die 30 bis 50 Personen an Bord haben. In unserem Hotspot befinden sich circa 700 Personen. Wir machen Druck, damit sie so rasch wie möglich aufs Festland gebracht werden.“ Alle Ankommenden müssen sich Tests unterziehen. Kein einziger fiel bislang positiv aus, auch wenn immer wieder gegenteilige Nachrichten verbreitet werden. „Das stimmt nicht und verursacht Probleme“, so Martello, denn: „Einige Touristen haben ihren Urlaub hier abgesagt.“

Jede Hilfe ist willkommen
Für Martello ist jede Hilfe aus der EU, die Unterstützung angeboten hat, willkommen. „Für uns ist es wichtig, dass der Hotspot geleert wird, denn wir können nicht täglich die Ankunft Hunderter Migranten meistern. Die EU sollte begreifen, dass die Migration nicht ein Problem der Mittelmeerländer, sondern des gesamten europäischen Kontinents sind. Die Migrationsproblematik löst man nicht mit Slogans, sondern mit konkreten Initiativen, die den Herkunftsländern der Migranten helfen“, so der seit 2017 amtierende Bürgermeister in einem Interview, das die APA am Freitag veröffentlichte.

„Wir hoffen, die Ministerin hält ihr Versprechen“
Lega-Chef Matteo Salvini und Innenministerin Luciana Lamorgese haben Lampedusa bereits besucht. Salvini nutze die Migrationsproblematik aber nur zu Zwecken der Wahlpropaganda für die Regionalwahlen im September. Die Innenministerin wiederum habe ein Quarantäneschiff versprochen, auf das die Migranten gebracht werden sollen, um sich der zweiwöchigen Pflichtquarantäne zu unterziehen. Martello: „Das wäre für uns eine Hilfe. Wir hoffen, die Ministerin hält ihr Versprechen.“

Kaum Bedenken bei den Touristen
Die 6300 Einwohner der Insel befürchten laut Martello durch die Ankünfte der Migranten, dass diese auch das Virus mitbringen. Die Touristen, die hauptsächlich aus Italien kommen, wiederum würden sich deshalb weniger Sorgen machen. Bedenken herrschen eher bei deren Verwandten auf dem Festland, die befürchten, dass es zu Problemen mit Covid-19-Infektionsherden kommen könnte. Dies sei jedoch vollkommen unbegründet. Migranten werden sofort in die Flüchtlingseinrichtung gebracht und dürfen nicht durch die Straßen der Insel ziehen. Wenn jemand den Hotspot verlässt und auf der Straße erwischt wird, wird er sofort zurückgebracht.

Auch Tiere müssen in Quarantäne
Abschließend erzählte der Lokalpolitiker, der sich mit den verschiedensten Situationen konfrontiert sieht, dass sich einige Migranten sogar mit Sonnenhüten und Schoßhündchen als Touristen tarnten, um nicht aufzufallen und die Insel ungestört erreichen zu können. Martello: „Der Hund musste einer zweimonatigen Quarantäne unterzogen werden. Dasselbe gilt für einen roten Kater, der zuletzt mit einem Migranten eingetroffen ist. Sie werden beide gut versorgt.“

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