Neues Album

Bruno Major: Das Herz wie einen Schal tragen

Musik
10.06.2020 06:00

Drei Jahre und damit länger als angepeilt hat der famose Londoner Musiker Bruno Major für sein Zweitwerk „To Let A Good Thing Die“ gebraucht. Dafür zeigt sich der 31-Jährige darauf gereift und perfekt zwischen Jazz, Soul, R&B und Pop changierend. Uns erklärte er mitunter, warum er sich allgemein gerne viel Zeit lässt und weshalb er sich nicht dem Diktat der großen Major-Labels unterstellt.

(Bild: kmm)

Wer vor zwei Jahren beim „In To It“-Festival in der Wiener Arena war, der wurde Zeuge eines beeindruckenden Auftritts von Bruno Major. Der junge Brite mit der sanften Stimme überzeugte gleichermaßen mit Soul, R&B und Crooner-Qualitäten. Eine alte Seele in einem jungen Körper, wie vielleicht auch der Eröffnungstrack „Old Soul“ seines brandneuen Albums aussagt. „To Let A Good Thing Die“ nennt sich das und sollte Major in einer fairen Welt noch stärker ins Zentrum des Interesses stellen. Fernab jedweder kommerzieller Überlegungen spielt er sich durch zehnte sanfte Songkapitel, die in nur etwas mehr als einer halben Stunde leichtfüßig durch die Gehörgänge rauschen. Die besonderen Stärken des 31-Jährigen entfalten sich besonders dann, wenn er den Fuß ganz vom Gaspedal nimmt. Etwa in der wundervollen Londoner Heimathymne „Regents Park“, wo er mit viel Romantik und Sinn für Melodienreichtum stark an die stilvolle Ära der 30er-Jahre erinnert.

Reflektion des Seelenlebens
„Ich bin auch eine ziemlich romantische Person, um ehrlich zu sein“, lacht Major im Gespräch mit der „Krone“, „in meinen Songs trage ich mein Herz wie einen Schal nach außen. Ich habe schon immer viele Songs geschrieben, die sich um die Liebe drehen. Nicht alle sind aber aus einer persönlichen Sichtweise heraus entstanden.“ Gerade die zurückgelehnte Ruhe seiner Songs sind bewusst gegen den Stress der gegenwärtigen Gesellschaft gebürstet. „Das Album ist eine musikalische Beschreibung meiner Gedanken und Gefühle“, verriet er dem „Atwood Magazine“ in einem langen Interview, „nicht mehr und nicht weniger. Das Album ist nicht dazu da, um im Radio gespielt zu werden, es ist nicht dazu da, um irgendjemanden zufriedenzustellen, sondern es ist eine Reflektion meiner Seele zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Wenn du das Album magst, dann wirst du wahrscheinlich auch mich mögen. Wenn dir die Songs nicht gefallen, dann wirst du mich wohl nicht mögen.“

Das Selbstvertrauen in sein eigenes Tun hat sich Major über die Jahre hart erarbeitet. Er war sich dabei auch nie zu schade, den harten Weg zu gehen. Besonders die Zeit zwischen Frühling 2016 und Frühling 2018 ist ihm noch sehr gut in Erinnerung geblieben. „In den USA hatten wir eine Tour, wo wir in drei Wochen 8.100 Meilen für 19 Konzerte gefahren sind. In einem klapprigen Van, ohne einen einzigen freien Tag. Am Ende war ich nur mehr eine Hülle. Ich war so erschöpft, dass ich noch nicht einmal mehr wusste, ob ich ein Burn-Out erlitt oder nicht. Es war wichtig und toll, aber es hat mich auch gelehrt, auf die Bremse zu treten.“ Sein 2017 erschienenes Debütalbum „A Song For Every Moon“ überzeugte auf allen Linien. Das Konzept, einen Song für jeden Monat des Jahres zu schreiben, hat er seitdem weitergeführt, auch wenn der Veröffentlichungsrhythmus aus mehreren Gründen ins Stocken geriet und es ganze drei Jahre bis zum Nachfolger dauerte.

Konzert statt Hot-Dogs
Das absolute Highlight abseits der eigenen Alben war zweifellos die Europa-Tour im Vorprogramm des großen Sam Smith, die ihn damals auch in die Wiener Stadthalle führte. „Wir sind langjährige Freunde, ich kannte Sam schon gut, bevor er berühmt wurde. Er hat sich seinen Erfolg absolut verdient, denn seine Stimme und die Bühnenpräsenz sind einmalig. Ich dachte ja eher, dass die Leute bei meinem Gig Hot-Dogs holen oder schnell aufs Klo rennen, aber die meisten sind wirklich geblieben und dann teilweise auch noch zu meiner kleinen Großbritannien-Tour gekommen“, erinnert er sich lachend zurück. Im Direktvergleich zu seinem Debüt haben die Songs auf „To Let A Good Thing Die“ noch mehr Atmosphäre, der Künstler zeigt sich intim und verletzlich. Vergleiche mit Jack Johnson, John Mayer oder auch James Blake kommen nicht von ungefähr und sind auch durchaus akkurat.

Mit „The Most Beautiful Thing“ befindet sich sogar ein von Finneas O’Connell geschriebener Song auf dem Album - der wiederum Songwriter und Produzent seiner Schwester Billie Eilish ist, die sich wiederum als großen Fan Majors outete. Man merkt also - auch wenn Major nicht die großen Labels sucht, ist er in der internationalen Musikwelt in mehrfacher Hinsicht gut vernetzt. Das ist gerade für einen selbstständigen Künstler mit klaren Vorstellungen mitunter richtungsweisend. Die fast schon pittoreske Schönheit mancher Tracks ist auch seiner Erfahrung geschuldet. Major war nie jemand, der die Dinge überstürzt hat. „Ich bewundere Kollegen wirklich, die mit 18 ganze Alben schreiben können“, erzählt er uns, „ich brauchte aber immer gewisse Erlebnisse und Erfahrungen, um wirklich etwas zu Papier zu bringen. Als ich meine ersten Songs veröffentlichte war ich schon 27. Zwischen 18 und 21 habe ich das Gitarrespielen gelernt, zwischen 22 und 24 das Songschreiben, zwischen 24 und 27 das Produzieren. Das gibt mir jetzt aber die Freiheit, mit Freunden und Vertrauenspersonen zu arbeiten und ansonsten alles selbst zu machen.“

Freund des alten Jazz
Eine Label-Erfahrung hat Major nur kurz gemacht. „Die wollten mir die Richtung vorgeben und mir sagen, wo ich hinsollte. Ich habe aber selbst klare Visionen, mir braucht niemand etwas vorgeben.“ Inspiriert ist Major auch auf „To Let A Good Thing Die“ von seiner großen Liebe zum Jazz. Aber nicht zu jenem, der einem sofort in den Sinn kommt. „Ich meine den Jazz der alten Tage, der smooth und eingängig war. Auch die Standards der 30er- und 40er-Jahre dienen mir als Vorlage. Klassiker, wie ,Fly Me To The Moon‘ und Bob Dylan, aber auch Radiohead und James Blake. Manchmal lege ich einen Soul-Gesang auf Hip-Hop-Drums. Man muss sich auch was trauen.“ Major geht seinen Weg unbeirrbar weiter und tut das mit einem der feinsten Alben des Jahres, die sich im sanften R&B/Soul-Bereich so tummeln. Kaum jemand fasst Zeitlosigkeit in der Musik so gut zusammen wie der versatile Brite.

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